Rechtsgeschichte

Wer schrieb die Bibel ?

Eine Hausarbeit im Rahmen 

des Seminars:

Geschichte des jüdischen Rechts – Bibel und Talmud

Dr. Gabriel Miller

WS 2000/01

Vorgelegt von: Nils Röttger

Inhaltsangabe

Einleitung

1.)Die ersten Kritiker

2.)Die Texte J + E

3.)Der D-Text

4.)Der P-Text

5.) Die Zusammenfügung

6.) Bibliographie

Einleitung

Um Eines gleich vorweg zu nehmen, das Thema dieser Hausarbeit ist zwar „Wer schrieb die Bibel?“, damit ist jedoch nicht die komplette Bibel gemeint. Untersucht wird nur der Pentateuch ,also die fünf Bücher Mose - Genesis, Exodus, Levitikus, Numeri und Deuteronomium. Dabei geht es nicht darum, den Namen des oder der Schriftsteller herauszufinden, auch wenn das natürlich interessant wäre. Wichtig sind aber die Persönlichkeiten, das Umfeld, die politischen und religiösen Hintergründe der damaligen Zeit, die den oder die Autoren zur Niederschrift anregten.

Das Buch von Richard Elliot Friedman „Wer schrieb die Bibel?“ gilt in der allgemeinen Literatur als letzter Stand der Forschung. Meiner Meinung nach ist es Richard Elliot Friedman außerdem gut gelungen, die Geschichte und die Hintergründe, die zu der Entstehung der Bibel geführt haben, sehr anschaulich darzustellen. Ich habe mich deshalb in relativ großer Nähe zu seinem Buch gehalten.

1.)Die ersten Kritiker

Obwohl schon seit Jahrhunderten Zweifel daran bestanden, dass wirklich Mose selbst die fünf Bücher Mose geschrieben hat, hat sich erst in der jüngsten Gegenwart dieses Wissen als allgemeiner Kenntnisstand durchgesetzt.

Schon im 11. Jahrhundert wies Isaak ibn Yashush, ein jüdischer Hofarzt eines maurischen Herrschers darauf hin, dass eine in 1. Mose 36 erscheinende Liste edomitischer Herrscher die Namen von Königen enthalte, die erst lange nach Moses Tod gelebt hatten. Ibn Yashush kam zu dem Schluss, diese Liste stamme von jemanden, der nach Mose gelebt haben musste – das brachte ihm den Spitznamen „ Isaak der Tölpel“ ein.( nach Friedmann, im folgendem: n.F.)

Ironischer Weise war derjenige, der ihm den Spitznamen verpasste, Rabbi Abraham ibn Esra, selbst nicht unbedingt von Moses Urheberschaft überzeugt, wie man aus vielen seiner Anmerkungen entnehmen kann. 

Er spielte unter anderem darauf an, dass oft von Mose in der dritten Person gesprochen werde. Es wurden Orte beschrieben, an denen Mose nie gewesen ist und außerdem, dass die Sprache einer anderen Gegend und Epoche zuzuordnen ist als die, in der Mose selbst lebte.

Aber auch andere Gelehrte vertraten die Ansicht, der Pentateuch könne nicht ganz vollständig von Mose geschrieben worden sein.

Tostatus, der Bischof von Avila im 13. Jahrhundert, stellte fest, dass insbesondere der Bericht vom Tod Mose nicht von ihm selbst stammen könne.

Er stellte die These auf, dass nach einer alten Überlieferung Moses Nachfolger Josua der Verfasser dieses Teils ist. Im 16. Jahrhundert konnte jedoch nachgewiesen werden, dass der Bericht vom Tode Mose im selben Sprachcharakter abgefasst worden ist wie der vorangegangene Text. D.h. es konnten nicht nur einfach ein paar Zeilen ergänzt worden sein, sondern der Text musste von ein und derselben Person abgefasst worden sein. Damit stellte sich die Frage, war der gesamte Text nun von Mose, oder wenn nicht, welcher Teil war von ihm und wie wurden die Texte dann aneinander gefügt, so dass er als von einer Person bzw. einer Gruppe im Geiste Verwandter (zum Beispiel eine Schule oder eine Klostergemeinde) geschriebener Text wirkte.

Als nächstes stellte der flämische Katholik Andreas, gemeinsam mit zwei Jesuiten, folgende These zu den geschriebenen fünf Büchern Mose auf: Mose hätte zwar die Bücher geschrieben, sie wären jedoch später überarbeitet worden. Dabei hätte der Überarbeiter z.B. einige Ortsnamen sozusagen modernisiert. Die katholische Kirche setzte das Buch jedoch umgehend auf den Index der verbotenen Bücher.

Im nächsten Stadium der Forschungen kamen Wissenschaftler zu dem Schluss, dass Mose den größten Teil der fünf Bücher nicht selbst geschrieben haben kann. Der erste, der dass auch öffentlich vertrat, war Thomas Hobbes (n.F.). Ähnlich wie seine Vorgänger in der Forschung sammelte und isolierte er Stellen, von denen er ausging und die nicht von Mose selbst geschrieben worden sein könnten.

Ebenfalls um die Zeitepoche von Hobbes veröffentlichten in Frankreich der katholische Priester Richard Simon sowie der Calvinist Isaak de la Peyrère unabhängig voneinander Schriften, die in dieselbe Richtung wiesen. 

Der holländische Philosoph Baruch Spinoza veröffentlichte eine textkritische Analyse, mit der er nachwies, das Mose nicht der Autor sein könne. Er machte das unter anderem an der Stelle 5. Mose 34 fest, in der es heißt: „Und es stand hinfort kein Prophet in Israel auf wie Mose ......“. So würde eher jemand formulieren, kommentierte Spinoza, der wesentlich später als Mose selbst gelebt habe und damit überhaupt erst die Möglichkeit hatte, andere Propheten kennen zu lernen, um diese mit Mose zu vergleichen.

Der nächste Sprung der Forschung bestand darin, dass den Forschern auffiel, dass in den so     genannten Dubletten verschiedene Begriffe immer nur in einer der Dubletten benutzt wurden. Dubletten sind Geschichten, die denselben Sachverhalt erklären, aber von verschiedenen Erzählern aufgeschrieben werden. D.h. je nach Standpunkt des Erzählers können Dubletten einerseits fast identisch sein, andererseits aber auch so unterschiedlich, dass man sie kaum noch als Dublette erkennt. Was man sich unter einer Dublette vorstellen kann, verdeutlicht das folgende Beispiel, bei dem es sich um Auszüge aus dem ersten Buch Mose handelt.

Die Sintflut – 1. Moses 6,5 – 8,22

(Text P KAPITÄLCHEN, Text J Normalschrift)

1.MOSE 6:

5Als aber Jahwe sah, dass der Menschen Bosheit groß war auf Erden und alles Dichten und Trachten ihres Herzen nur böse war immerdar,

6Da reute es Jahwe, dass er die Menschen gemacht hatte auf Erden, und es bekümmerte ihn in seinem Herzen.

7Und Jahwe sprach: Ich will die Menschen, die ich geschaffen habe, vertilgen von der Erde, vom Menschen an bis hin zum Vieh und bis zum Gewürm und bis zu den Vögeln unter dem Himmel; denn es reut mich, dass ich sie gemacht habe.

8Aber Noah fand Gnade vor den Augen Jahwes.

9DAS IST DIE GESCHICHTE VON NOAHS GESCHLECHT: NOAH WAR EIN FROMMER MANN UND OHNE TADEL ZU SEINEN ZEITEN. ER WANDELTE MIT GOTT.

10UND ER ZEUGTE DREI SÖHNE: SEM, HAM UND JAPHET.

11ABER DIE ERDE WAR VERDERBT IN GOTTES AUGEN UND VOLLER FREVEL.

12DA SAH GOTT AUF DIE ERDE, UND SIEHE, SIE WAR VERDERBT; DENN ALLES FLEISCH HATTE SEINEN WEG VERDERBT AUF ERDEN.

13DA SPRACH GOTT ZU NOAH: DAS ENDE ALLES FLEISCHES IST BEI MIR BESCHLOSSEN; DENN DIE ERDE IST VOLLER FREVEL VON IHNEN; UND SIEHE, ICH WILL SIE VERDERBEN MIT DER ERDE.

1.MOSE 7:

1Und Jahwe sprach zu Noah: Geh in die Arche, du und dein ganzes Haus; denn ich habe dich gerecht erfunden vor mir zu dieser Zeit.

2Von allen reinen Tieren nimm zu dir je sieben, das Männchen und sein Weibchen, von den unreinen Tieren aber je ein Paar, das Männchen und das Weibchen.

3Desgleichen von den Vögeln unter dem Himmel je sieben, das Männchen und das Weibchen, um das Leben zu erhalten auf dem ganzen Erdboden.

4Denn von heute an in sieben Tagen will ich regnen lassen auf Erden vierzig Tage und vierzig Nächte und vertilgen von dem Erdboden alles Lebendige, das ich gemacht habe.

5Und Noah tat alles, was ihm Jahwe gebot.

6ER WAR ABER SECHSHUNDERT JAHRE ALT, ALS DIE SINTFLUT AUF ERDEN KAM.

7Und er ging in die Arche mit seinen Söhnen, seiner Frau und den Frauen seiner Söhne vor den Wassern der Sintflut.

8VON DEN REINEN TIERENUND DEN UNREINEN, VON DEN VÖGELN UND VON ALLEM GEWÜRM AUF ERDEN

9GINGEN SIE ZU IHM IN DIE ARCHE PAARWEISE, JE EIN MÄNNCHEN UND EIN WEIBCHEN, WIE IHM GOTT GEBOTEN HATTE.

In der einen Dublette fällt zum Beispiel auf, dass die Gottheit durchweg mit dem biblischen Namen Jahwe benannt wird, während sie in der anderen schlichtweg als Gott bezeichnet wird. Das legt den Verdacht nahe, dass es ursprünglich zwei Geschichten gab, die miteinander verknüpft wurden. Wenn man nun zuerst nur die in Kapitalen geschriebenen Zeilenliest und dann die Passagen, die in Normalschrift geschrieben sind, wird man fast zweimal dieselbe Geschichte lesen.

Im 18. Jahrhundert kamen drei Forscher unabhängig voneinander zu derselben Schlussfolgerung. Zuerst glaubten sie, Mose habe eine alte Quelle gehabt, die er dann erweitert hat. Dann ging man von der These aus, Mose habe zwei alte Quellen gehabt, die er bei seiner Arbeit benutzte. Schließlich gingen sie aber von der Annahme aus, dass beide Quellentexte erst nach Moses Tod geschrieben wurden.

Anfang des 19. Jahrhunderts wiesen zwei Wissenschaftler dann nach, dass es nicht nur Dubletten sondern auch Tripletten gab. Parallel dazu wies ein deutscher Gelehrter nach, dass es noch eine vierte Quelle geben musste, denn ihm fiel auf, dass das Deuteronomium sich sehr stark sprachlich von den ersten vier Büchern unterschied. Das Problem bestand nun darin, diese einzelnen Texte erst zu identifizieren und sie dann zu isolieren, um sie besser untersuchen zu können. Um die Texte besser voneinander unterscheiden zu können, hat man ihnen folgende verschiedene vier Buchstaben gegeben:

J -weil in diesem Text Gott den Namen Jahwe trägt

E -weil in diesem Text Gott keinen speziellen Namen trägt, sondern nur Gott genannt wird, was auf hebräisch EL oder ELOHIM heißt

P- für Priester, da sich dieser Text hauptsächlich um die Belange der Priester drehte.

D-steht für Deuteronomium, da dieses sozusagen als eine eigene Quelle gilt.

Nachdem langsam auch der kirchliche Widerstand gegen die Forschung nachließ (1943 ermunterte Papst Pius XII die Gelehrten, nach den Autoren der Bibel zu forschen.) ging es nun vor allem darum, die einzelnen Quellen zu datieren und zuzuordnen.

2.)Die Texte J und E

Betrachtet man sich die zwei Texte J + E, so fällt auf, dass sie in einer Art Wettstreit miteinander liegen und nicht nur einzelne Sachverhalte oder Dinge bei unterschiedlichen Namen nennen. Wie sich an Sprachstil, Syntax und Ausdruck relativ deutlich aus den Texten erkennen lässt, wurden sie in der gleichen Zeitepoche geschrieben. 

Die Bibelwissenschaftler gehen davon aus, das der Erzähler des J-Textes ein aarontischer Priester war und aus Juda kam, während der Erzähler des E-Textes ein mosaischer Priester war und aus Israel kam oder aus der jeweils entsprechenden Gegend. So passen die geographischen Begebenheiten und Städte in der E-Erzählung zu den Städten in Israel und die Städte und das Territorium in den J-Erzählungen zu den ländlichen Begebenheiten in Juda.

Um diese Texte nun zeitlich einzuordnen, ist es wichtig, sich auf ihren Inhalt zu konzentrieren. Der J-Text erwähnt die Verstreuung von Simon und Levi, nicht aber die Zerstreuung der übrigen Stämme 722 vor Chr. Das schließt auch die Zeit von Mose und David mit ein, allerdings gibt es bestimmte Hervorhebungen, die sich sehr wohl als direkt gegen den nördlichen Nachbarn Israel gerichtet interpretieren lassen. So wird z.B. die Bedeutung der Bundeslade gegenüber dem E-Text hervorgehoben, ebenso das Verbot 

„Du sollst dir keinegegossenen Götter machen.“(2. Mose 34, 17). Das schließt natürlich geschnitzte oder getöpferte und dann vergoldete Götter aus. Dieses Verbot bezog sich auf die goldenen Kälber des Nordreiches, denn sie waren gegossen. Dem entsprechend heißt dann die Dublette im E-Text 

„Darum sollt ihr nichts neben mir machen,

silberne und güldene Götter sollt ihr nicht machen.“ (2. Mose 20, 2 )

Die goldenen Kälber des Südreiches bestanden dagegen aus vergoldetem Olivenholz. Im J-Text wird aber auch die Unabhängigkeit Edoms erwähnt. Edom wurde aber erst unter König Joram unabhängig, der von 848 – 842 vor Chr. regierte. Dass in dem Text also ein Ereignis des Jahres 842 vor Chr. erwähnt wird, ein bedeutendes Ereignis des Jahres 722 vor Chr. aber keine Erwähnung mehr findet, lässt darauf schließen, dass es zur Zeit der Niederschrift des Textes noch nicht bekannt bzw. noch nicht eingetreten war. Damit lässt sich der Text auf die Zeitder Jahre zwischen 848 – 722 vor Chr. datieren. 

Der E-Text lässt sich zeitlich nur insoweit festlegen, dass er zur Zeit Israels geschrieben wurde, das von 922 vor Chr. – 722 vor Chr. bestanden hatte. Um jetzt zu verstehen, warum manche Stellen im J-Text extra herausgehoben wurden, während sie im E-Text teilweise überhaupt keine Beachtung fanden und ebenso auch umgekehrt, ist es wichtig, sich die damalige politische Lage zu verdeutlichen. 

Irgendwann im Laufe des 13. Jahrhunderts vor Chr. fand der Exodus der Hebräer aus Ägypten statt. Danach lebten sie auf zwölf Stämme verteilt in dem damaligen Kanaan. Jeder der Stämme hatte sein eigenes Oberhaupt und stellte bei Bedrohung sein eigenes Heer auf. Um die Jahre 1020 – 1000 vor Chr. nahmen Übergriffe fremder Völker wie der Philister und Ammoniter jedoch dermaßen überhand, dass sich die zwölf Stämme zusammenschlossen. Saul übernahm die Führung und ging zum Gegenangriff über. Nach seinen ersten Erfolgen wurde er von Samuel zum König gesalbt. Samuel war dazu berechtigt, weil er ein angesehener Mann war, der alle damaligen hohen Ämter auf einmal ausfüllte – er war Richter, Priester und Prophet. Saul erfüllte jedoch nicht die in ihn gesetzten Erwartungen.

Das Besondere an dieser Monarchie war, dass sie nicht natürlich gewachsen war, sondern über feste Strukturen gestellt wurde, die sie brauchte, um sich zu legitimieren. Nachdem Saul sich mit der Priesterschaft überworfen hatte, verlor er den Rückhalt der Priester. Samuel salbte daraufhin David zum Gegenkönig. David gewann den Machtkampf und wurde alleiniger König, während Saul den Tod fand.

Ein Grund für die Salbung Sauls war, das er aus dem Stamm Benjamin kam, der sehr klein war. So wollte man der Gefahr begegnen, dass der König zu mächtig wurde.

Davidallerdings kam aus dem Stamm Juda, der alleine als Stamm fast so groß war wie die anderen Stämme zusammen. Er versuchte jedoch keinen Stamm zu übervorteilen und verlegte die Hauptstadt von der Judäischen Hauptstadt Hebron in die stammlose Stadt Jerusalem, die er kurz zuvor erobert hatte.

Weiterhin setzte er zwei Hohepriester ein, einen aus dem Norden und aus der Familie Mose, und einen anderen aus dem Süden und der Familie Aaron. Davids Nachfolger verhielten sich jedoch nicht so weitsichtig. Sie bevorzugten eindeutig den Stamm Juda und legten den anderen Stämmen immer höhere Abgaben und Pflichten auf. Auch entmachteten sie den Hohepriester der nördlichen Stämme aus der Familie Mose. 

Im Jahre 922.v.Chr. spaltete sich der Norden ab und krönte einen eigenen König – Jerobeam. Ab diesem Zeitpunkt standen die Königreiche Juda und Israel in direkter Konkurrenz zueinander. Es ist nicht sicher, ob zu diesem Zeitpunkt eine schriftliche Fassung der bisherigen Geschichte des jüdischen Volkes existierte, oder ob es bis dahin nur mündliche Überlieferungen gab. Sicher ist jedoch, dass diese Geschichte nun sowohl in Juda als auch in Israel aufgeschrieben wurde, allerdings mit verschiedenen Schwerpunkten. So ist es nicht verwunderlich, dass der Schreiber desJ-Textes versuchte, in der Geschichte die Rolle Aarons, der ja der Begründer und Vorfahr seiner Priesterfamilie war, aufzuwerten und die Rolle Mose abzuwerten, natürlich allerdings ohne Mose direkt anzugreifen.

Beim Erzähler des E-Textes ist es etwas schwieriger. Obwohl ein Prophet und Priester aus der Familie Mose mit dem Namen Ahia Jerobeamzum König Israels berief, erfüllte sich die Hoffnung seiner mosaischen Familie, welche traditionell die Priester in Silo stellte, nicht, wieder in Amt und Würde gesetzt zu werden.

Jerobeam schuf zwei neue religiöse Zentren und überging dabei die Priester aus Moses Familie. Sie standen nun vor einem Problem. Bis jetzt hatten die Leviten immer nur als Priester gedient. Sie waren zwar ein eigener Stamm, besaßen aber kein eigenes Territorium. Die Chance, in Juda wieder Fuß zu fassen, bestand so gut wie gar nicht, da die Aaroniten sich einerseits fest etabliert hatten und andererseits ja auch Leviten waren und damit genauso legitimiert waren wie sie selbst. So sahen sie ihre einzige Chance weiterhin in Israel. Jerobeam hatte sie nicht nur einfach übergangen, er hatte auch Nicht-Leviten zu Priestern gemacht. Daher stützte der Erzähler des E-Textes zwar die politischen Strukturen des Königreiches, griff aber gleichzeitig sein religiöses Establishment an.

Belege für diese Sichtweise sind z.B. in den verschiedenen Erwähnungen um die Stiftshütte und um die Bundeslade zu erkennen. Die Bundeslade wurde in Salomos Tempel aufbewahrt und galt als höchstes Heiligtum

– Zumindestens in den J-Texten. Nach einem J-Text am Anfang des 4. Buches Mose beginnt das Volk von Sinai/Horeb aus die Reise ins gelobte Land. Dabei wird die Bundeslade vorne weg getragen. An anderer Stelle des J-Textes wird sie für die erfolgreiche Durchquerung der Wüste verantwortlich gemacht oder es steht geschrieben, dass ohne sie ein militärischer Sieg nicht möglich gewesen wäre. 

In den E-Texten dagegen wird die Bundeslade überhaupt nicht erwähnt.

Dafür wird der Stiftshütte bei den E-Texten ein hoher Stellenwert eingeräumt. In den E-Texten war die Stiftshütte die wichtigste Anbetungsstätte, bis Salomo das Altarzelt durch den Tempel ersetzte. Bis dahin hatte die Stiftshütte in der israelischen Stadt Silo gestanden, die ein Zentrum der mosaischen Priesterfamilie war. In den E-Texten wird daher auch folglich die Bundeslade überhaupt nicht erwähnt. So existierten in zwei Staaten, die miteinander verwandt waren, welche dieselbe Vergangenheit hatten und dieselbe Sprache sprachen, zwei verschiedene Sichtweisen der Vergangenheit. Dann wurde aber Israel von den Assyrern 722 vor Chr. erobert und viele der Israelis flohen nach Juda, wo sie wahrscheinlich relativ schnell assimiliert wurden. Damit stellte sich das Problem, dass nun zwei Perspektiven der gleichen historischen Geschichte in einem Land nebeneinander existierten.

Diese Texte wurden von einem uns Unbekannten dann zu einem gemeinsamen Text verknüpft. Ob für uns heute unbekannte Teile der Texte weggelassen wurden ist nicht bekannt, aber eher unwahrscheinlich. Denn dadurch, dass viele Passagen doppelt erwähnt werden und eben die oben angeführten Dubletten bilden, zeigt sich, dass der Unbekannte einen hohen Respekt vor den Texten hatte und eher bestrebt war etwas zu verdoppeln anstatt etwas wegzulassen.

Warum diese beiden Texte zu einem einzigen zusammengeschnitten wurden ist nicht geklärt, es lässt sich aber vermuten, dass es der einzige Weg war, die Völker wieder zu vereinen. Einen der Texte komplett wegzulassen, hätte wohl nicht durchgesetzt werden können, und so war es am ehesten eine an die gesellschaftlichen Gegebenheiten angepasste Tat, diese beiden Texte zu einem zu verschmelzen.

3.)Der D-Text

Wie bereits oben angeführt ist der D-Text als eine eigene Quelle zu betrachten, da sie sich von den anderen Quellen unterscheidet und auch nicht mit ihnen verbunden ist, sondern ein eigenes Buch bildet, das Deuteromonium. Es wird allgemein angenommen, dass es zum ersten Mal 622 vor Chr. auftauchte.

Nach der Bibel erfuhr König Josia im 18. Jahr seiner Herrschaft, eben 622 vor Chr. von seinem Schreiber Saphan, dass der Priester Hilkia ein „Buch der Thora“ im Tempel Jahwes gefunden habe. Dieses Buch bewegte König Josia tief. Nach der Lektüre dieses Buches ließ König Josia andere Gottesanbetungsstellen außerhalb des Tempels zerstören und feierte in einer gigantischen Zeremonie die Widererneuerung des Bundes zwischen Gott und seinem Volk.

Was war aber der Inhalt dieses Buches und warum wurde es gerade zu dieser Zeit gefunden?

Betrachtet man sich die damalige geopolitische Situation, ergibt sich ein recht plausibles Bild. 701 v.Chr. wird das Königreich Juda so gut wie zerschlagen, es besteht faktisch nur noch aus dem Stadtgebiet von Jerusalem. Mit größter Wahrscheinlichkeit ist es außerdem von dem assyrischem Großreich abhängig. Dieses verliert jedoch im Laufe der Jahre allmählich an Macht und Einfluss, da es sich in ständigen kriegerischen Konflikten mit angrenzenden Großreichen wie Babylonien oder Ägypten befindet. Dadurch schwächt sich der Druck auf das Königreich Juda soweit ab, bis er fast vollständigverschwindet. 639 v.Chr. kommt schließlich König Josia als Kind an die Macht. Als dann 622 v.Chr. das Gesetzbuch gefunden wird und Josia den Bund mit Gott erneuert, ist es daher nicht nur eine Erneuerung des alten Bundes zwischen Gott und seinem Volk, sondern gleichzeitig die Trennung bzw. die Abkoppelung des Assyrischen Einflusses.

Der Inhalt des Buches, das heute als D-Text bezeichnet wird, umfasst so gut wie das ganze fünfte Buch Mose und ist damit fast mit dem Deuteromonium identisch. Es beschäftigt sich hauptsächlich mit Gesetzen und Verhaltensformen und weniger mit geschichtlichen Überlieferungen als zum Beispiel das erste Buch Mose.

Interessant ist, dass die Gesetze im D-Text einerseits reine Neubearbeitungen von vorhandenen Gesetzen aus dem Bundesbuch sind, andererseits aber komplett neue Themenbereiche bearbeitet werden. Crüsemann schließt daraus, dass der D-Text nicht nur bloß eine überarbeitete und aktualisierte Fassung des alten Bundesgesetzes sein sollte, sondern vielmehr ein neues Gesetzbuch, welches das alte ersetzen sollte. (Crüsemann, Seite 14)

Sehr stark ausgeweitet ist die Sozialgesetzgebung. Ihre Bedeutung geht einerseits aus ihrer Stellung im Aufbau des Gesetzkörpers sowie aus ihrer Verknüpfung mit anderen religiösen und kultischen Themen hervor.

Grundlage ist die „bäuerliche Realität“ der damaligen Eisenzeit. Der Reichtum des landwirtschaftlichen Ertrages wird dabei in eine direkte Beziehung zu dem Gott gebracht, der das Volk in dieses reiche Land geführt hat. Der göttliche Segen ist aber davon abhängig, dass auch alle, die dem Volk angehören, das er nach Israel geführthat, von dem Reichtum profitieren können.

So ist der Verzicht auf die traditionellen Lasten, die in Verbindung mit dem Zehnten aufzubringen waren (Dtn 14,22-29), erst mal eine riesige Entlastung für die Bauern, andererseits hat dieser Verzicht aber auch starke Wohlfahrtsaspekte. Diese werden besonders deutlich bei der Stelle, an der angeführt wird, das der Zehnte in jedem dritten Jahr direkt an die Bedürftigen wie Leviten, andere nicht landbesitzende Gruppen, Fremde, Witwen und Waisen verteilt werden soll. (Dtn 14,28ff). 

Die Landlosen und Sozialschwachen bekommen dadurch eventuell die Chance, sich aus ihrem Elend zu befreien und sich wieder eine gesicherte Existenz aufbauen zu können.

Dieser Wohlfahrtsgedanke wird durch eine Reihe religiöser Segenssprüche untermauert wie sie z.B. in Dtn 15,12 zum Ausdruck kommen, in dem es um den Schuldenerlass im siebten Jahr geht: „denn um dieser Sache willen wird dich Jahwe, dein Gott, segnen in allem Tun und in allem Erwerb deiner Hand“. Gleiche oder ähnliche Formulierungen erscheinen beim Gesetz über die Freilassung der Schuldsklaven und –Sklavinnen: „... und es segne dich Jahwe, dein Gott, in allem was du tust (Dtn 15,18)“. Auch die Anordnung, für die Hungrigen auf dem Felde einen Rest der Ernte stehen zu lassen oder die Olivenbäume nicht nachzuschütteln, dient demselben gemeinnützigen Zweck: „... damit dich Jahwe, dein Gott, segnet in allem Tun deiner Hände (Dtn 24,19-20)“. Diese vom Gesetz gewollte Absicherung sozialer Problemgruppen wie der recht- und landlosen traditionellen personae miserae, der Fremden, Witwen und Waisen, der Sklaven oder massiv Verschuldeten, der land- und arbeitslosen Leviten und überhaupt der Hungernden beruhte natürlich auf der Arbeit der angeredeten freien Grundbesitzer. Sie waren diejenigen, die für die Bedürftigen aufkommen sollten, was auf den ersten Blick wie eine zusätzliche Belastung aussieht. Tatsächlich war es jedoch so, dass sie auch schon vorher für die selben Schichten aufkommen mussten. Davor waren die Abgaben wie gesagt höher, gingen aber nicht direkt an die Bedürftigen, sondern nahmen einen oftmals umständlichen Weg über Priester und Schriftgelehrte. Heute würde man sagen, die Abgaben durchliefen die Bürokratie. Dabei kam am Ende wesentlich weniger heraus als am Anfang vorhanden war. Nun wurden die Abgaben direkt verteilt. Das schwächte natürlich die Position der vorherigen Verteiler und stärkte diepolitische Position der freien Grundbesitzer.

Die Gesetze über den Zehnten und über einen regelmäßigen Schuldenerlass (15, 2–1) sind sicherlich die innovativsten und radikalsten Vorschriften des D-Textes. Im Kontext mit den anderen Gesetzesregeln ergaben sie ein für die damalige Zeit wahrscheinlich einmaliges soziales Netz. Das Deuteromonium bzw. der D-Text ist aber nicht nur eine einfache Sammlung von Gesetzen. Durch seine Komplexität und seine Verbindungen zu einem gesellschaftlichen Miteinander hat es sich durchgesetzt, vom Deuteronomium wie von einer Verfassung zu sprechen (Crüsemann, Seite 273). Im Deuteronium wurde der Staat an sich zum Gegenstand rechtlicher Regelungen. So wurde der König zwar ursprünglich vom Volk selbst eingesetzt, ist aber dennoch dem Volk und dem Gesetz verpflichtet (Crüsemann, Seite 274-275). Dazu kommt, dass neben den Schriftgelehrten, die man am ehesten mit Verwaltungsfachleuten vergleichen kann, auch die Richter vom Volk bestimmt wurden (Dtn 16,18). Parallel dazu existierte ein zentrales Gericht, das weder in die Kompetenz des Königs noch in die des Volkes oder der vom Volk ernannten Richter gestellt ist. Dieses Gericht hat das alleinige Sagen über bisher unlösbare Fälle und Präzedenzfälle. Dieses Gericht fällt Entscheidungen auf demselben rechtlichen Niveau wie Mose. Damit sind die Entscheidungen des Gerichts nicht mehr anfechtbar. So gesehen ist es nicht nur eine einfache, urteilende Instanz, sondern unter dem Aspekt, dass Präzedenzfälle gelöst werden sollen, eher eine Institution, in der das Recht weiterentwickelt werden soll (Crüsemann, Seite 279-280).

Ebenso wie die Texte E und J gibt der Text D wertvolle Hinweise auf den Verfasser. Einmal ist das Deuteronomium keine einzelne, separierte Quelle, sondern nur der erste Teil einer größeren Einheit. Die direkt nachfolgenden sechs Bücher der Bibel: Josua, Richter, erstes und zweites Buch Samuel und erstes und zweites Buch Könige sind sprachlich und inhaltlich zu verwandt, um nicht von einem einzelnen Autor oder wenigstens von einer Gruppe oder Schule zu stammen, die in einem engen Kontakt zu einander stand. Zusammengenommen bilden sie eine geschichtliche Einheit, die von der Zeit Mose bis zur Zerstörung Juda durch die Babylonier langt.

Das belegt auch die durchgängige Terminologie, die im Deuteronomium wie auch in den sechs folgenden Büchern benutzt wird. Analysiert man die Sprache, die im D-Text vorgestellt wird, fällt vor allem eins auf: Auch er ist nicht aus einem homogenen Block, sondern es weisen viele stilistischen Brüche daraufhin, dass er einerseits überarbeitet wurde und andererseits um einen bestimmten Aspekt bereichert wurde.

Man spricht daher in der Bibelforschung von den Texten D-1 und D-2. Betrachtet man die Urfassung (D-1 Text), so endet sie während der Regentschaft König Josias. Der überarbeitete Entwurf (D-2 Text) dagegen geht bis nach der Zerstörung Judas und der Flucht der Überlebenden in die Diaspora.

Beschäftigt man sich nun mit dem Inhalt der D-Texte, fallen vor allem zwei Sachen ins Auge, die für die Zuordnung des gesamten D-Textes wichtig sind. Einerseits sind alle religiösen Aspekte des Buches so gehalten und formuliert, dass sie sich mit den Ansichten der Priester aus mosaischer Abstammung decken. Da der Schriftsteller sich den Texten zufolge mit den Gepflogenheiten der Priester auszukennen scheint, liegt die Vermutung nahe, dass der Schriftsteller einerseits ein Priester war und andererseits Mose näher stand als Aaron. Eine andere Auffälligkeit ist, dass die Geschichte nicht mehr nur eine lineare, zeitliche Abfolge von Ereignissen zu sein scheint. Vielmehr scheint sie sich von Anfang an auf einen bestimmten Höhepunkt zuzubewegen. Dieser Höhepunkt ist die Regentschaft Josias. Er wird im ersten D-Text etwa auf eine Stufe mit Mose gestellt. Ihm und dem Reich wird eine wunderbare Zukunft vorhergesagt, doch dann stirbt Josia im Jahre 609 v. Chr. im Krieg mit Ägypten – und nicht genug damit, wird 587 v. Chr. Juda von Nebukadnetzer erobert. Jerusalem wird niedergebrannt, der Tempel zerstört, und die Bevölkerung flieht entweder nach Ägypten oder wird nach Babylon in die Sklaverei verschleppt.

Der erste D-Text wirkte nun etwas deplaziert, versprach er doch genau das Gegenteil. Er wurde daraufhin, laut Friedman, von demselben Autor noch einmal komplett überarbeitet. Da der Autor derselbe war, änderte sich der Stil zwar nicht besonders, aber immerhin so, dass es auffällt.Er schrieb die Geschichte auch nicht komplett neu, sondern ergänzte nur einige Anmerkungen, in denen er auf eine Bestrafung durch Gott hinwies, wenn die Gesetze und Gebote nicht strengstens eingehalten würden. Bekanntlich wurden sie nicht strengstens eingehalten und trotz der positiven Herrschaft Josias blieb das Strafgericht Gottes nicht aus.

Friedman behauptet nun, der Verfasser des ersten wie des zweiten D-Textes sei der Prophet Jeremia gewesen. Als Gründe führt er an, dass das Buch Jeremia voll von Ausdrücken aus dem ersten und zweiten D-Text ist. Außerdem sind die nachfolgenden sechs Bücher, die über eine so große Ähnlichkeit mit dem Deuteromonium verfügen, der Überlieferung zufolge ebenfalls von Jeremias geschrieben worden. Er hielt sich zur fraglichen Zeit an dem richtigen Ort auf. Während der ersten Niederschrift weilte er in Jerusalem und während des zweiten Teils in Ägypten. Dann begeht Friedman jedoch einen logischen Fehler, wenn er behauptet, der erste Teil sei vor Josias Tod 609 v. Chr. und der zweite Teil nach 587 vor Chr. geschrieben worden und der Autor habe somit nur eine Zeitspanne von 22 Jahren zu überbrücken gehabt. Das ist falsch, denn der erste Teil wurde ja schon im Jahre 622 vor Chr. gefunden. Deshalb muss zwischen den Niederschriften mindestens eine Zeitspanne von 35 Jahren gelegen haben, was gerade für die damalige Zeit eine noch größere Differenz bedeutet als heute. Das bedeutet nicht das es unmöglich ist, jedoch macht es die Theorie von Jeremias als Schreiber vom D eins und D zwei etwas unwahrscheinlicher. Nicht oder nur wenig umstritten ist jedoch, dass sowohl D eins als auch D zwei in jener Zeit geschrieben wurden.

4.)Der P-Text

Der P-Text beinhaltet hauptsächlich Regeln und Gesetze der Priester, und auch er gibt Rückschlüsse auf die Zeit in der er geschrieben wurde bzw. geben auch die anderen Texte Hinweise auf die Zeit, in der P- Text geschrieben wurde. So lässt sich nachweisen, dass der D-Text nach dem P-Text geschrieben wurde. Im fünften Buch Mose wird die Geschichte der Kundschafter erzählt, die der Erzähler des D-Textes Wort für Wort zitiert. Es lässt sich aber auch belegen, dass der P-Text die aaronitischen Priester aufwertet und die mosaischen abwertet. Während der Verfasser von D wie gesagt König Josia besonders hervorhebt, hebt der Verfasser von P besonders diejenigen Könige hervor, die für die aaronitischen Priester viel getan hatten – Salomon und Hiskia. Des weiteren findet sich regelmäßig der Zusatz „...und Aaron.“ Wenn positiv von Mose die Rede ist. Z.B. „...und Gott sprach zu Mose und Aaron.“

Es lässt sich daher vermuten, dass der P-Text als aaronitische Weiterentwicklung des Textes JE anzusehen ist, der zur Zeit Hiskias von einem aaronitischen Priester geschrieben wurde, da seiner Meinung nach die Rolle ihres Vorfahren Aaron nicht positiv genug vermittelt wurde.

5.)Die Zusammenfügung 

Nachdem als letzter Text D geschrieben wurde und J mit E zu einem einzigen Text verbunden worden war, gab es nun drei Texte – JE, P und D. Alle behandelten die selbe Geschichte des selben Volkes, wiedersprachen sich aber in vielen Einzelheiten. Kein Wunder, waren sie doch eher geschrieben worden um zu differenzieren denn zu vereinen. JE setzte voraus, dass jeder Levit Priester werden könne. P dagegen behauptet, dass dieses Privileg nur von den männlichen Leviten, die auch zugleich Nachfahren von Aaron sind, in Anspruch genommen werdendarf. Damit wäre nur die aaronitische Priesterkaste legitim. Der P-Text setzt Mose herab und lobt Aaron. Der E-Text verschweigt Aaron und lobt einzig Mose. Der D-Text wiederum stand genauso ablehnend zum P- Text wie der P-Text zu dem JE-Text. Dennoch wurden sie zu einem einzigen Text vereint.

Die erste vollständige Tora tauchte im Besitz von Esra in Jerusalem auf. Von Esra ist aus der Bibel bekannt, dass er nicht nur ein Schriftgelehrter war, der sich sehr gut in der Tora auskannte, sondern dass er sie gesucht hat, obwohl allgemein angenommen wurde, dass sie beim Untergang des alten Tempels verbrannte. Die Suche war von Erfolg gekrönt, denn Esra hat die Tora gefunden und sie auch wiederhergestellt.

Er war ein aaronitischer Priester und hatte als Beauftragter des persischen Kaisers Artaxerxes sowohl die moralische Integrität als auch die politische Macht, um seine Ideen und Vorstellungen durchzusetzen. Das alles lässt den Schluss zu, das Esra derjenige war, der die einzelnen Texte zusammensetzte und dem Pentateuch seine heutige Form gegeben hat. Dabei setzte er die einzelnen Texte nicht nur zusammen, sondern ergänzte sie auch mit eigenen Einfügungen. Diese Einfügungen, auch als R-Text bezeichnet (R für Redaktor), sind quasi eine Art Rahmen oder Bindemittel, um dem Text eine einheitlichere Struktur zu geben. Mag es bei der Entstehungsgeschichte der einzelnen Texte auch durchaus noch einzelne, verschiedene Theorien geben, die sich nicht mit Friedman vereinen lassen, so gibt es in der heutigen Forschungkaum noch Zweifel daran, dass Esra es war, der die Tora redigierte und damit denn ersten fünfBüchern der Bibel das Gesicht gab, das sie noch heute haben.

Bibliographie

Crüsemann, Frank: Die Thora.

1997, Gütersloh.

Eisfeldt, Otto: Einleitung in das Alte Testament.

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Fohrer, Georg: Erzähler und Propheten im Alten Testament.

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Noth, Martin: Überlieferungsgeschichte des Pentateuch.

1966, Stuttgart.

Mendenhall, Georg E.: Recht und Bund in Israel und dem alten Vordern

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Rad, Gerhard von: Das fünfte Buch Mose.

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Rendtorff, Rolf:Das überlieferungsgeschichtliche Problem des

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Neher, Andre: Jeremias. Köln 1961