Hebräische Bibel

 

Universität Duisburg-Essen

Schart, Gesetze im AT, WS 1999/2000, Stand: 2006-10-29

Hermisson, Hans-Jürgen,
in: Boecker, Hans Jochen / u.a.: Altes Testament. Neukirchener Verlag, 1983, 222-232.

§ 14 Bund und Erwählung

1.

»Bund« und »Erwählung« sind wichtige Begriffe alttestamentlicher Theologie, die hier in einem Abschnitt zusammengestellt sind, weil sie tatsächlich eng zusammengehören und einen Sachverhalt des Jahweglaubens in verschiedener Perspektive beschreiben. Als theologische Begriffe sind beide relativ spät, nämlich überwiegend der großen deuteronomischen Reformbewegung und ihrer Theologie eigentümlich, also - von noch zu besprechenden Ausnahmen abgesehen - frühestens im achten, jedenfalls im siebten Jahrhundert v.Chr. aufgekommen, später jedoch in breiterer Verwendung anzutreffen. Wichtig sind sie also nicht wegen ihrer Allgemeinheit oder Allgegenwart, sondern weil mit ihnen ein zentraler Sachverhalt bezeichnet und in bestimmter Weise ausgelegt wird. Dieser Sachverhalt ist -in seiner allgemeinsten Form - zunächst eine bestimmte Konstellation: das besondere Verhältnis von Jahwe und Israel, von dem jede alttestamentliche Theologie auszugehen hat. Der »Innenaspekt« dieses Verhältnisses kommt im Begriff des »Bundes« stärker zur Geltung, während der »Außenaspekt« eines Sonderverhältnisses - Jahwe und Israel gegenüber den Völkern (und ggf. ihren Göttern) - vorwiegend im Begriff der »Erwählung« reflektiert wird.

Beide theologische Begriffe werden nicht nur für das Verhältnis von Gott und Volk verwendet, obwohl hier, zumal für den Bund, das Schwergewicht der Belege liegt. Da beide Begriffe trotz ihrer Verwandtschaft eine je eigene Vor- und Nachgeschichte und eine unterschiedliche Verwendungsbreite haben, sind sie im folgenden je für sich dargestellt.

2. Bund

Was bedeutet es, wenn das Verhältnis zwischen Jahwe und Israel als ein »Bund« präzisiert oder durch einen »Bundesschluß« begründet wird? Ein theologisches Problem deutet sich an, wenn hier ein zwischenmenschliches Vertragsmodell mit der Festlegung wechselseitiger Rechte und Pflichten auf das Verhältnis von Gott und Volk übertragen wird. Darum geht es bereits bei der Frage nach der angemessenen Übersetzung der hebräischen Vokabel berit. <223:>

2.1

Der hebräische Begriff berit wird herkömmlich mit »Bund«, »Vertrag« übersetzt und ist ursprünglich für zwischenmenschliche Beziehungen in Gebrauch. So schließt Abraham mit Abimelech einen »Freundschaftsvertrag«, mit dem Brunnen- und Weiderechte geregelt werden (Gen 21,27.32, vgl. V. 23.30), oder Jonathan und David treffen eine Vereinbarung über ihr künftiges Verhältnis (lSam 23,18). Gegen die übliche Übersetzung von beritmit »Bund« hat sich in einer Reihe von Veröffentlichungen E. Kutsch gewandt (Verheißung; zusammenfassend THAT 1, 339ff und TRE 7, 397ff); nach Kutsch bezeichnet berit »nicht ein >Verhältnis<, sondern ist die >Bestimmung<, >Verpflichtung<, die das Subjekt der berit übernimmt« (THAT 1, 342) - hier ginge es also um eine Selbstverpflichtung. Daneben gebe es als zweite Möglichkeit die Verpflichtung die einem anderen auferlegt wird, dann als du seltenere dritte Ion da die Übersetzung »Bund« abgeleitet sei) die »Übernahme wechselseitiger Verpflichtungen« (a.a.O., 344), schließlich als vierte Verwendungsmöglichkeit die Verpflichtung, die ein Dritter für zwei Parteien festsetzt. Die geläufige Wendung karat berit, eine berit »schneiden«, bedeutet dann nach Kutsch: »eine Verpflichtung festsetzen« (ebd.).

Die scharfsinnige Definition eines Begriffs bei Kutsch setzt an bei einer etymologischen Ableitung von brh II, »sehen«, belegt im Akkadischen (baru) und vielleicht einmal im Alten Testament, 1Sam 17,8. Die Bedeutungsentwicklung wäre dann »sehen,... ersehen, auswählen, bestimmen« (a.a.O., 341). Andere Etymologien: von brh I , »essen«, im Blick auf das gemeinsame Mahl bei Bundesschlüssen, oder von akk. biritu, »Fessel«, oder auch im Zusammenhang mit akkadisch birit, »zwischen«. Die Versuche bleiben durchweg unsicher (zu den letztgenannten vgl. Kutsch, a.a.O., 340), dürften aber auch mit ihrer Frage nach der ursprünglichen Bedeutung eines Wortes für dessen faktischen Gebrauch kein großes Gewicht haben.

Es geht aber in der Diskussion um die genaue Bedeutung von berit auch um eine theologische Sachfrage. Denn nach Kutsch kennt das Alte Testament die im zwischenmenschlichen Bereich gelegentlich belegte gegenseitige berit für das Verhältnis von Gott und Mensch nicht, also keine >>berit, bei der einerseits Gott und andererseits Menschen Verpflichtungen übernähmen, die gegenseitig >einklagbar< wären« (a.a.O., 350). Aber hier erhebt sich die Frage, ob die strikte Eingrenzung der Bedeutungsbreite eines Wortes nicht auch den theologischen Sachverhalt zu stark einengt. Denn wenn die Einseitigkeit der Verpflichtung in bestimmten theologischen Zusammenhängen eine Rolle spielt, so könnte das ja das Ergebnis einer sorgfältigen theologischen Distinktion und nicht einfach mit dem Begriff gegeben sein.

2.2

Der Versuch der Präzisierung einer Vokabel wird da problematisch, wo andere Sinngehalte, hier also der Hinweis auf ein gegenseitig verpflichtendes Verhältnis, kategorisch ausgeschlossen werden sollen. Mag die Einschränkung für den isolierbaren Sinn einer isolierten Vokabel häufig zutreffen, so ändert sich das Bild sofort, wenn man nach dem Zusammenhang, dem Umfeld des Begriffes berit fragt. Dann muß man formulieren: Wo eine berit beginnt, da wird eben dadurch zwangsläufig ein Verhältnis begründet oder erneuert. In diesem Sinn erscheint es als treffend, die Vokabel berit mit »Bund« und die Wendung karat berit mit »einen Bund schließen« wiederzugeben. Dabei gehört zum <224:> »Bundschließen« die Übernahme und/oder Auferlegung einer Verpflichtung, und dieses Sinnmoment kann so stark in den Vordergrund rücken, daß in bestimmten Zusammenhängen tatsächlich besser übersetzt wird »eine Verpflichtung übernehmen bzw. auferlegen«.

Eines der Musterbeispiele für den Gebrauch von berit kann das verdeutlichen. 2Kön 11 berichtet von dem Aufstand, den der Priester Jojada gegen die Königin Atalja plant, um den überlebenden legitimen Thronfolger auf den Thron zu bringen. Dazu bestellt er die Anführer der Palasttruppen in den Tempel und - so V. 4 - »)schneidet ihnen eine berit und läßt sie schwören«; dann erst zeigt er ihnen den Königssohn, der bisher im Verborgenen aufwuchs. Der zweite Teil des zitierten Satzes (er ließ sie schwören) spricht dafür, den vorangehenden Teil zu übersetzen: »Er legte ihnen ehe Verpflichtung auf«. Aber wenn man einen Augenblick die Situation bedenkt, so wird klar, daß das nicht der einzige Sinn sein kann: Die Militärs treten doch einer Verschwörung bei, das heißt, hier wird ein für alle Beteiligten verpflichtendes Gemeinschaftsverhältnis begründet, und es ist eine müßige Feststellung, daß der Priester Jojada dabei nicht ausdrücklich eine Verpflichtung übernimmt- niemand erwartet das von ihm. Aber selbstverständlich ist, daß die Loyalität, zu der er die Soldaten verpflichtet (wozu sonst?), nur eine wechselseitige sein kann.

Hinsichtlich der Frage nach dem Sinnzusammenhang von berit wird man dann eher einigen Formulierungen von M. Weinfeld, ThWAT 1, 785, zuneigen:

»Die Wörter für Bund im Alten Orient... sind auf zwei Wortfelder verteilt: einerseits Eid und Verpflichtung, andererseits Liebe und Freundschaft.« Dabei »bezeichnen die Hauptausdrücke für >Bund, .. . die Verpflichtung, die tatsächlich den Bund schafft. Andererseits ist jedes Abkommen zwischen zwei Parteien vom guten Willen oder vom gegenseitigen Verständnis ... bedingt; deshalb können Bundesbeziehungen durch Wörter wie >Gnade(, >Bruderschaft<, )Friede<, >Liebe<, >Freundschaft< usw. ausgedrückt werden«.

Kurz und treffend hat das schon G. von Rad formuliert: »Das von einem Bundesschluß garantierte Verhältnis wird gern durch das Wort Mwl# (schalom) bezeichnet ... « (Theologie 1, 144). - Zu beachten ist freilich, daß hier jeweils mehr das gesamte Phänomen als eine spezielle Vokabel im Blick steht; die Gefahr ist dann, daß »Bund« zu einem Allerweltsbegriff verblaßt und eben ganz verschiedene Vokabeln umfaßt. Umgekehrt erscheint es aber nötig, die Vokabel berit nicht aus ihren Sinnzusammenhängen zu isolieren.

Im übrigen hat Kutsch selbst das Zusammentreffen von Gott-Volk-Verhältnis und berit konzediert, will aber offenbar zwischen jenem Verhältnis und der berit unterscheiden, als sei jenes Verhältnis unabhängig gedacht und dann zusätzlich durch berit als Zusage oder Verpflichtung regulierbar. Sogar die Wechselseitigkeit in dem Verhältnis kann einmal zugestanden werden, sofern »Gott die Durchführung seiner berit =>Zusage< von der Erfüllung bestimmter Bedingungen ... abhängig machen« kann (THAT 1, 350). Aber wenn der Unterschied zum »Bund« nur noch darin bestehen soll, daß »der Mensch ... nicht durch die Erfüllung dieser Bedingungen Gott zur Einhaltung seiner Zusage verpflichten« kann (ebd.), so ist das theologisch gewiß allgemein richtig, aber zum einen auch mit der Übersetzung von berit rit mit »Bund« nicht präjudiziert, zum andern nicht überall im Alten Testament so eindeutig (s. 2.3). -Gleichwohl sind Kutschs Untersuchungen zu berit rit die wichtigsten und gründlichsten, auf die hier nur nachdrücklich hingewiesen werden kann.

2.3

Was bedeutet die semantische Präzisierung für den theologischen Sprachgebrauch? Mit der Eingrenzung einer Vokabel soll letzten Endes eine Bundestheologie abgewehrt wer <225:> den, in der das Verhältnis von Gott und Mensch als ein Vertragsverhältnis auf Gegenseitigkeit verstanden wird, in dem die gegenseitigen Rechte und Pflichten einklagbar sind. Das klingt theologisch plausibel und entspricht bestimmten alttestamentlichen Bundesmodellen. Aber was die Einklagbarkeit betrifft, so war das alte Israel darin nicht heikel, wie seine vielfältigen Klagen gegen Gott (in den Klagepsalmen) oder Jahwes Verteidigungsreden (z.B. in Jer 2) zeigen können. Freilich ist dabei in der Regel nicht ausdrücklich von berit die Rede (aber vgl. z.B. Jer 14,21; Ps 89,40 u.a.; übrigens läßt eine Wendung wie Jer 14,21: »Zerbrich nicht deine berit mit uns« die Übersetzung mit »Verpflichtung« schwerlich zu). Gewiß ist dabei nicht an ein förmlich einklagbares Recht aus einem Vertrag zu denken - wo stünde dieser Vertrag auch geschrieben, und bei wem anders als bei Gott wollte man ihn einklagen?! -, aber man beruft sich doch Jahwe gegenüber auf die berit, wie umgekehrt Jahwe Israel Bruch des Bundes vorwerfen kann.

Zusammenfassend liege sich sagen: Mit dem Bundesschluß wird in der Regel (Ausnahme ist vielleicht der Noahbund in der Priesterschrift, Gen 9, s.u.) ein verpflichtendes Gemeinschaftsverhältnis begründet. Im Bund zwischen Jahwe und Israel ist Jahwe der, der den Bund gewährt, Israel kein gleichrangiger Partner, wie es das auch in Verträgen zwischen menschlichen Partnern gibt (z.B. Großkönig/Vasall). In dem Gemeinschaftsverhältnis gelten bestimmte Verhaltensregeln, werden Verpflichtungen auferlegt oder/und übernommen, doch ist die Ausgestaltung des theologischen Bundesmodells je nach dem Einzelfall verschieden.

2.4

Alter und Bedeutung der theologischen Bundesvorstellung im Alten Testament sind umstritten. Hielt man die Bundesvorstellung lange für eines der ältesten und gewichtigwen Modelle in denen das Verhältnis von Jahwe und Israel theologisch reflektiert wurde, so ist diese Ansicht neuerdin gs mehrfach mit Recht bestritten worden (vgl. bes. L. Perlitt, Bundestheologie). Fragt man nach dem alttestamentlichen Schwerpunkt der theologischen Verwendung der Bundesvorstellung, so ist man auf die deuteronomisch/deuteronomistische Literatur verwiesen, also zeitlich auf das (8./)7./6. Jahrhundert (und die Folgezeit). Zu einem negativen Ergebnis für die ältere Zeit kommt L. Perlitt unter Hinweis auf das »>Bundesschweigen< der Propheten« des 8. Jh. (bis auf zwei bis drei fragliche Stellen bei Hosea). Doch reicht das argumentum e silentio schwerlich aus, wenn man bedenkt, daß z.B. auch Exodus und Sinai bei den älteren Propheten (außer Hosea) kaum eine Rolle spielen. Positiv wäre dagegen die Frage nach dem Alter bestimmter Bundestexte zu stellen: so an Gen 15, die Erzählung vom Bund mit Abraham (Väterbund), so an bestimmte Partien der Sinaiperikope (Ex 24,3-8; Ex 34), oder es ist nach der Interpretation der Texte zu fragen. Für die Sinaiperikope kann man mit Perlitt (einzelnes s. dort) schließen, daß die Vokabel »Bund« keinesfalls zur ältesten Überlieferungsschicht gehört. Vielmehr sprechen die ältesten Texte von Theophanie (Ex 19* JE) und Gottesschau (Ex 24,9-11 E). Wenn man nach der Wirkung des Sinai-Ereignisses fragt, so kann man zwar auch hier von der Begründung eines verpflichtenden Gemeinschaftsverhältnisses reden, aber nicht vom Bund; mit dieser Vokabel wird das Verhältnis erst später begriffen. - Ohne daß die Altersfrage hier im einzelnen zu diskutieren wäre, läßt sich soviel sagen: Selbst wenn es eine Vorgeschichte der (deuteronomischen) Bundestheologie gegeben hat, so hat sie doch im ganzen eine verschwindend geringe Rolle gespielt. Oder auch: Wenn es <226:> seit alters ein »verpflichtendes Gerneinschaftsverhältnis« zwischen Jahwe und Israel gibt, so doch keinen »Bund«; diese Interpretation eines grundlegenden Verhältnisses begegnet (im wesentlichen) erst in der deuteronomischen Bewegung. Was aber die Vokabel berit mehr anzeigt als »verpflichtende Gemeinschaft«, das läßt sich erst in den theologischen Kontexten zeigen, in denen diese Interpretation begegnet.

2.4.1 »Bundesformel« und »Bundesformular«

Als Bundesformel bezeichnet man die in verschiedenen Varianten vorkommende Wendung »Ihr sollt mein Volk sein, ich will euer Gott sein« (z.B. Jer 30,22). Die Geschichte und Vorgeschichte dieser Formel hat R. Smend (Bundesformel) untersucht. Die Belege für die voll ausgebildete Formel gehören »in die Zeit um das babylonische Exil« (a.a.O., 5). Für die Frage nach dem Alter der spezifischen Bundesvorstellung trägt die Formel nichts bei; ihre Elemente (»Jahwe, der Gott Israels« etc.) sind natürlich viel älter, aber ohne Beziehung zur Bundesvorstellung. Ein Bezug auf berit ist auch für die Bundesformel selbst nur z.T. erkennbar, so in Jer 31,33; Kutsch möchte lieber von einer »Zugehörigkeitsformel« sprechen (THAT 1, 350),

Das Bundesformular sollte eine Zeitlang dazu dienen, die Vorgeschichte der theologischen Bundesvorstellung zu erhellen (Mendenhall, Recht; Baltzer, Bundesformular). Man fand Parallelen im Aufbau hethitischer Staatsverträge (Präambel, Vorgeschichte, Grundsatzerklärung, Einzelbestimmungen, Anrufung der Götter als Zeugen, Fluch und Segen - s. Baltzer, Bundesformular, 20) und alttestamentlicher Texte, z.B. in Jos 24, in der Sinaiperikope und im Deuteronomium; daneben mehr oder weniger deutliche Spuren in vielen Texten. Daß die Sinaiperikope und das Deuteronomium in ihrem Aufbau auf den Ablauf einer Bundesschlußfeier hinwiesen, war schon früher vermutet worden (Mowinckel, Décalogue; von Rad, Problem), so das nur noch die Frage offen schien, ob das Fest alljährlich oder nur alle sieben Jahre (gemäß Dtn 31,10f) gefeiert worden sei, oder ob es nur in die vorstaatliche oder auch noch in die spätere Zeit gehöre. - Dagegen ist eingewandt worden, daß eine historische Vermittlung zwischen Hethitern und vorstaatlichem Israel schwer denkbar sei, das Fest nirgends belegt und aus dem literarischen Befund ebensowenig zu erschließen sei wie das Bundesformular, weil sich z.B. der Aufbau der Sinaiperikope erst einem sukzessiven Wachstum verdanke. ist aber die theologische Bundesvorstellung im wesentlichen erst deuteronomisch, so ist für diese Zeit ein gewisser Einfluß altorientalischen Vertragsstils nicht ganz ausgeschlossen (vgl. zur Kritik besonders Perlitt, Bundestheologie).

2.5 Gen 15 - Jahwes Bund mit Abraham

Die vieldiskutierte Frage nach dem Alter des Textes bleibt offen. Das nach dem Modell der Quellenscheidung kaum literarisch analysierbare Kapitel zeigt besonders am Anfang eine Reihe von Spuren jüngerer Bearbeitung (vgl. Kaiser, Untersuchung); der Kern des Kapitels indes, die eigentliche Bundesschlußszene, erscheint den meisten Exegeten als sehr altertümlich (dagegen schon Perlitt, Bundestheologie, 73ff). Solche Einschätzung hängt damit zusammen, daß hier keine Allerweltstheologie vorliegt sondern der Jahweglaube sich zu höchst gewagten Gottesaussagen versteigt. Das ist aber nur dann ein Altersbeweis, wenn man die zunehmende Vergeistigung des Gottesbildes für das (einzige) Entwicklungsgesetz des Jahweglaubens hält. Wenn es nachexilische Zeiten gibt, in denen dieses Gottesbild schwer vorstellbar wäre, so ist doch angesichts der Gottesaussagen bei Hosea oder Jesaja nicht auszuschließen, daß das Kapitel etwa noch im 7. Jh. in prophetischen Kreisen entstand. Sicherheit ist nicht zu gewinnen. <227:>

Was bedeutet das Bundesmodell in diesem Text? Voran geht die Zweifelsfrage Abrams, woran er denn erkennen solle, daß er das Land ererben werde (V, 8). Die Frage beantwortet Jahwe mit dem Bundesschlußritual: Abraham muß eine Reihe von Tieren nehmen, sie töten und zerteilen und ihre Stücke einander gegenüberlegen; dann wird es Nacht und Tiefschlaf fällt auf Abraham (V. 9-12); dann aber fährt ein »rauchender Ofen und eine Feuerfackel« zwischen den Stücken hindurch (V. 17). Das ist Beschreibung einer Theophanie: Jahwe selbst vollzieht das Ritual, und das theologisch Gewagte daran ist nicht seine Erscheinung, sondern die Bedeutung dieser Erscheinung in dieser Umgebung. Denn der Ritus: die Zerschneidung von Tieren, das Hindurchgehen zwischen den Stücken, symbolisiert ja die bedingte Selbstverfluchung der Bundespartner für den Fall des Bundesbruchs. Hier aber geht nicht der menschliche Partner hindurch - er liegt im Tiefschlaf - sondern allein Gott. Der Text schließt: »An jenem Tag schloß Jahwe mit Abraham einen Bund - indem er sprach: Deinen Nachkommen gebe ich dieses Land ... « Dieser Text hebt deutlich die Selbstverpflichtung Jahwes hervor, von einer Verpflichtung Abrahams ist keine Rede. Der Inhalt der Verpflichtung ist Zusage des Landes, und die Darstellung der Szene soll offenbar verdeutlichen, daß diese Zusage nicht an einem menschlichen Verhalten hängt. Man hat argumentiert, daß diese Darstellung das Interesse einer Zeit spiegele, für die das Land in Gefahr war. Das ist möglich; nur - das deuteronomisch/deuteronomistische Verständnis von Gott und Bund ist schwerlich in dieser Darstellung zu erkennen. Ein Bund, in dem Gott sich selbst mit seinem Leben für die Landverheißung an Abraham verbürgt, das ist berit nach Gen 15. Sofern die Väter Israel repräsentieren, ist damit dann auch das Verhältnis von Jahwe und Israel interpretiert. Das gilt freilich eher grundsätzlich und schließt nicht aus, daß eine bestimmte Generation im Bewußtsein der Zusage dieses Textes das Land auch wieder verlieren kann.

2.6 Bundestheologie in der deuteronomisch/deuteronomistischen Bewegung

Die deuteronomisch/deuteronomistische Bundesvorstellung ist in sich nicht einheitlich, doch kann auf den Versuch, Schichten zu sondern, hier verzichtet werden. Einige grundsätzliche Beobachtungen müssen genügen.

Der Bund zwischen Jahwe und Israel ist am Horeb (Sinai) begründet worden (Dtn 5,2); beachtlich dabei die vergegenwärtigende Wendung:

Nicht mit unseren Vätern hat Jahwe diesen Bund geschlossen, sondern mit uns, die wir hier heute alle am Leben sind (Dtn 5,3)

 

die doch wohl über die historische Fiktion der Moserede hinaus Geltung für die Gegenwart beanspruchen soll. Als Inhalt dieses Bundes erscheinen die Gebote, speziell der Dekalog, der hier zur eigentlichen »Bundesurkunde« wird, die Jahwe auf die beiden Tafeln schreibt. Ähnlich heißt es Dtn 7,9:

Du sollst wissen, daß Jahwe, dein Gott, der Gott ist: der treue Gott, der den Bund bewahrt und die Huld denen, die ihn lieben und seine Gebote halten, bis ins tausendste Geschlecht. <228:>

Hier wird also deutlich der Zusammenhang von Bund (oder Verpflichtung Jahwes: er bewahrt die berit) und Geboten (oder Verpflichtung Israels) ausgedrückt: Jahwe bewahrt den Bund denen die sich ihrerseits loyal erweisen, ihn lieben, seine Gebote halten. Das ist natürlich kein vertragliches Rechenexempel (nach dem Motto »Wie du mir, so ich dir«), sondern auf seiten Israels eine Selbstverständlichkeit: Wo Jahwe Israel den Bund gewährt, da versteht sich Israels Loyalität eigentlich von selbst. Der Inhalt des Bundes von Jahwe her ist hier im übrigen nicht einfach die Landgabe, sondern Segensfülle im Lande:

(Dafür, daß ihr diese Rechte hört, sie bewahrt und tut,) wird Jahwe, dein Gott, den Bund und die Huld bewahren, die er deinen Vätern geschworen hat, und er wird dich lieben und dich segnen und mehren; er wird segnen die Frucht deines Leibes und die Frucht deines Ackers, dein Korn, deinen Wein und dein 01, den Wurf deiner Kühe und den Zuwachs deines Kleinviehs ... Gesegnet wirst du sein vor allen Völkern ... (Dtn 7,12ff).

Schließlich gehört wohl auch der Bundesschluß von Ex 24,3-8 in den Zusammenhang der deuteronomischen Bewegung. Da teilt Mose die Gebote Jahwes mit, und das Volk erklärt, daß es sie halten wolle; schließlich wird unter opfern und Blutsprengungen (das »Bundesblut« V. 8) und Verlesung des »Bundesbuches« (V. 7) der Bund geschlossen: des Inhalts, daß Israel alle diese Gebote halten werde.

Bei alledem sollte man nicht bestreiten, daß in der deuteronomisch/deuteronomistischen Bundesvorstellung Jahwes Zusage und Israels Verpflichtung auf die Gebote zusammengehören, selbst wenn einmal das eine, einmal das andere Element betont ist. Auch in Ex 24,3-8 ist doch jene Gesamtvorstellung vorausgesetzt, in der Jahwe sich an sein Volk bindet, das hier auf die Gebote verpflichtet wird.

Schließlich so noch erinnert an de geläufige deuteronomistische Wendung von der Bundeslade, aron berit 11 1Kön 8,1), - warum sie so heißt, zeigt sehr schön 1Kön 8,9:

Nichts war in der Lade außer den zwei steinernen Tafeln, die Mose am Horeb dort hineingelegt hatte, >die Tafeln des Bundes<, den Jahwe mit den Israeliten geschlossen hatte bei ihrem Auszug aus dem Lande Ägypten.

Ein Bund, in dem Israel verpflichtet wird, kann gebrochen werden. Vor diesem Bundesbruch zu warnen, das zeitgenössische Israel erneut vor Jahwe in Pflicht zu nehmen: das ist gerade eine wesentliche Funktion der deuteronomischen Bundestheologie des 8./7.Jahrhunderts. Im Rückblick des deuteronomistischen Geschichtswerks wird das dann zur geschichtlichen Deutekategorie: Israel hatte den Bund verworfen, verlassen, gebrochen (vgl. 2Kön 17,7ff, speziell V. 15; 1Kön 19,10.14; vgl. auch den deuteronomistischen Text Jer 11,10). Solcher Bundesbruch wird evident vor allem im Abfall zu anderen Göttern, der Übertretung des ersten Gebots; aber doch auch in der Übertretung der Gebote, die das Gemeinschaftsleben regeln, und die (etwa mit dem Dekalog in Dtn 5) durchaus zum Inhalt des Bundes zwischen Jahwe und seinem Volk gehören. Die Bundestheologie verweht auf beider auf »Gottes Zusage und Israels Verpflichtung« - beides gehört zur berit. Aber natürlich ist das Ganze kein Geschäft, sondern Jahwes Gabe; sicher ist seine Bindung 1 diesem Bund seine freie Entscheidung - die Entscheidung auf Grund seiner Liebe zu Israel (davon mehr unter dem Stichwort »Erwählung«). Daß man vor Gott darauf pochen könnte, kam dem Deuteronomium, das ja gerade einem weithin abgefallenen Is- <229:> rael entgegentrat, kaum in den Sinn. Die theologischen Bedenken gegen ein solches Modell setzen aber nicht da ein, wo Israel auf Gottes berit, auf seine Zusage und Selbstverpflichtung pocht - nicht einmal, wo es ihm seine eigene Loyalität beteuert. Bedenklich wurde erst der Mißbrauch des theologischen Deutemodells, wenn der Mensch Gott seine Leistungen vorrechnen und daraufhin Gegenleistungen verlangen wollte. Aber der Bund ist kein Händlervertrag, und so ist er im Alten Testament auch nicht konzipiert.

2.7 Die Bundestheologie der Priesterschrift - Noahbund und Abrahambund

Weil Israel den Bund gebrochen hatte, den Jahwe am Sinai/Horeb begründet hatte, darum mußte Israel das Land wieder verlassen und ins Exil gehen: so das Fazit der deuteronomisch/deuteronomistischen Bewegung seit der Mitte des 6. Jahrhunderts, so war es auch von der Prophetie aufgenommen worden (bei Hesekiel allerdings nur am Rande mit dem Begriff berit - Ez 16 und sekundäre Ergänzungen; zur Sache vgl. Ez 20. Daneben ist die Jeremiatradition zu nennen, die bekanntlich der deuteronomischen Bewegung nahesteht). Es ist, wie W. Zimmerli gezeigt hat, auch von daher zu verstehen, wenn es in der (wohl exilischen) Priesterschrift zwar einen Noahbund und vor allem einen Abrahambund, aber keinen Sinaibund mehr gibt (Sinaibund). Das gilt auch dann, wenn die Frage nach dem Alter der Bundesschluß-Vorstellung anders zu beantworten ist, als Zimmerli voraussetzte (er hielt den »Bund« für ein originales Element der Sinaiperikope von JE), denn der Priesterschrift war jene im Deuteronomismus ausgeprägte Theologie längst geläufig. Aber nach der Katastrophe des Jahres 587 war Israels Existenz vor Jahwe nicht mehr auf den am Sinai geschlossenen und von Israel gebrochenen Bund zu begründet werden er hatte seine Bedeutung verloren, und das Geschehen am Sinai war jetzt anders darzustellen: als ein reiner Heilserweis Jahwes, ohne eine besondere Inpflichtnahme Israels.

Dennoch hat die Priesterschrift nicht auf das theologische Modell des Gottesbundes verzichtet. Die Vorstellung von den verschiedenen Bundesschlüssen dient ihr zur - wie G. v. Rad sagt - »Periodisierung der Heilsgeschichte< Bundesschlüsse markieren die großen Wendepunkte in der Darstellung der Geschichte, die mit der Schöpfung beginnt; und sie kennzeichnen Gottes Verhältnis zur Menschheit (Noahbund Gen 9) und zu Israel (Abrahambund Gen 17).

2.7.1 Der Noahbund

Der Noahbund steht am Ende der großen Katastrophe, die in der Sintflut über die Erde kam, weil die Erde verderbt war durch die Gewalttat »allen Fleisches«, d.h. von Tieren und Menschen, die sich gegenseitig auffraßen und die so eine in der Schöpfung festgesetzte Ordnung des Zusammenlebens zerstörten (Gen 1,29f, 6,11f). So ergeht jetzt, nach dem Ende der Flut, für die neue Menschheit die Verfügung, daß Menschenblut (Menschenleben) unbedingt geschützt sei, wer es dennoch antaste, der solle selber am Leben gestraft werden (»Wer Menschenblut vergießt, des Blut soll durch Menschen vergossen werden«, Gen 9,6). Daneben steht die andere Verfügung, das Fleisch nicht mit dem Blut zu essen.

Nun ist aber zu beachten, daß diese Verfügungen, die eine Minimalordnung auf der Erde <230:> gewährleisten und Leben überhaupt ermöglichen sollen, nicht etwa Bestandteil des eigentlichen Bundes sind. Der Priester scheint geradezu peinlich darauf bedacht zu sein, die Dinge nicht durcheinanderzuwerfen, obwohl er doch an dieser Stelle der Weltgeschichte auch von göttlichen Verfügungen zu reden hat. Aber sie sind nicht Bedingung für den Bestand des Bundes - sie werden ja auch faktisch oft genug übertreten, und die Welt wäre längst untergegangen, wenn ihr Bestand vom Verhalten der Menschen abhinge.

Der Bund, den Gott mit Noah und allen seinen Nachkommen und mit allen Lebewesen, die aus der Arche kamen, aufrichtet, hat hier in der Tat den Charakter der reinen Zusage: Es wird nie wieder eine Sintflut über die Erde kommen.

Hier ist also jede Gegenseitigkeit ausgeschlossen, nur Jahwe gibt eine unbedingte Zusage. Aber das liegt nicht an der Eigentümlichkeit des Begriffs berit, sondern an der sorgfältigen theologischen Überlegung der Priesterschrift: Dieser »Bund« darf keinesfalls durch Menschen in Frage gestellt werden. Dieser ganz einseitigen Veranstaltung entspricht die Terminologie: hekim berit (bezeichnend für P) neben natan berit, auch der Regenbogen als Bundeszeichen dient Jahwe zur Erinnerung, den Menschen nur zur Vergewisserung. Diese Konstruktion des Noahbundes fällt insofern aus dem Rahmen des theologischen Modells einer berit zwischen Gott und Menschen, als hier von einem »verpflichtenden Gemeinschaftsverhältnis« am wenigsten die Rede sein kann. Aber das liegt an der Gesamtkonzeption der Priesterschrift, die das Verhältnis Jahwes zur gesamten Menschheit und darüber hinaus zu allen Lebewesen in einer relativ lockeren Form beschreiben will. Ein engeres Gottesverhältnis wird es nur für die Gemeinschaft geben, mit der Gott in dem am Sinai gestifteten Kult im »Zelt der Begegnung« zusammentreffen will.

2.7.2 Bundesmodell verwendet die Priesterschrift

Das Bundesmodell verwendet die Priesterschrift auch für die Verhältnisbestimmung zwischen Gott und Abraham/Israel, und es ist zunächst und im Prinzip dasselbe Modell; nur mit erheblich dichterer inhaltlicher Füllung. Die komplizierte Struktur von Gen 17 ist wiederum sorgfältig durchdacht; hier nur die Grundzüge. Wieder steht die Mahnung an Abraham - vor Jahwe zu wandeln, vollkommen zu sein - außerhalb des eigentIichen Bundesschlusses (V. 1). Der Bund selbst (ab V. 4) kennt - mit einer Ausnahme - wieder keine Verpflichtung des menschlichen Partners, sondern nur Zusagen: Es sind die Verheißungen des Landes, der reichen Nachkommenschaft und des neuen Gottesverhältnisses: »Ich will dein und deiner Nachkommen Gott sein« (17,7). Die eine Verpflichtung, die dem menschlichen Partner auferlegt wird, ist die Beschneidung alles Männlichen. Das erklärt sich zeitgeschichtlich aus der besonderen Situation des Exils und der Bedeutung, die die Beschneidung dort gewann. Theologisch spielt die begrenzte Verpflichtung in diesem Kontext eine ganz andere Rolle. Es ist nämlich wieder sorgsam bedacht, daß dieser Bund Jahwes mit Abraham/Israel nicht hinfällig werden kann, Wohl können einzelne, die der Verpflichtung nicht nachkommen, den Bund brechen (V. 14); aber die Konsequenz ist nur, daß sie aus dem Bund herausfallen und aus der Gemeinschaft Israels ausgetilgt werden: nicht aber, daß der Bund insgesamt hinfällig werden könnte. <231:>

2.8 Der neue Bund

Das Theologumenon vom »neuen Bund« hat textlich nur eine schmale Basis. Es begegnet ausdrücklich nur an zwei Stellen der Jeremiatradition, Jer 31,31-34 und 32,37-41 (an der zweiten Stelle aber ohne das Stichwort »neu«); dazu könnte man einen Text bei Hesekiel stellen, der den Begriff »Bund« nicht verwendet, aber sachlich ganz in der Nähe des Jeremiatextes steht: Ez 36,24-28, die Verheißung des »neuen Herzens«. - Die Echtheitsfrage (zu Jer 31,31-34) hat für diesen Zusammenhang keine große Bedeutung, man kann aber bei genauerer Kenntnis der originalen Jeremia-Texte mit einiger Sicherheit ausschließen, daß dieser berühmte Text vom Propheten selbst stammt: Er gehört vielmehr in seine Wirkungsgeschichte und hier in deuteronomische Tradentenkreise, wie die Sprache zeigt.

Weitaus größer als die Bezeugung ist nun aber das Gewicht dieser Erwartung. Sie ist eine Summe der Prophetie insofern, als sie auch hinsichtlich des Versagens Israels auf einer anthropologischen Einsicht beruht. Der alte Bund, den Jahwe zur Zeit der »Herausführung« mit den Vätern geschlossen hatte, - der war so beschaffen, daß Israel ihn gebrochen hat; es wird nicht geradezu gesagt, daß es ihn brechen mußte, sondern nur das Faktum konstatiert. Aber andernorts kann doch durchaus von der Unfähigkeit des Menschen/Israels die Rede sein, den Willen Jahwes zu tun (Jer 17,9; 13,23), und in dieser Hinsicht zieht der Text ein Fazit aus einer langen prophetischen Geschichte. Deshalb muß der Bund neu sein. Er ist es, wie oft beobachtet, durchaus nicht in seinem Inhalt: Es ist dieselbe tora, die Israel zu tun hat - wie sie Jahwe ihm am Sinai gegeben hat, und es besteht recht verstanden auch gar kein Anlaß, daran irgend etwas zu ändern, weil diese tora ja zum Leben verhelfen sollte, das auch leistet - wer sie nur tut! Aber eben hier liegt das Problem. Neu wird deshalb die Art und Weise sein, in der Jahwe diese seine tora »mitteilt«: nicht über das Ohr, nicht durch Belehrung, sondern so, daß Jahwe sie Israel unmittelbar aufs Herz schreibt. Das bedeutet aber eine grundlegende anthropologische Wandlung: Das Herz ist ja der Ort des Wollens, Fühlens, Denkens und Entscheidens, und dieser Ort ist jetzt von der tora eingenommen; das heißt doch: Der Mensch kann gar nicht mehr anders handeln als zu seinem eigenen Heil, gemäß jener Willensoffenbarung Jahwes, und so will Jahwe »ihr Gott sein, sie sollen mein Volk sein«.

Der Inhalt der berit ist also auch hier sehr deutlich jenes verpflichtende Gemeinschaftsverhältnis, nur sind jetzt die Voraussetzungen geschaffen, daß diese Beziehung Gottes zu seinem Volk nicht erneut am Versagen des Menschen zerbrechen kann.

2.9 Jahwes Bund mit David

Neben den besprochenen Bundesaussagen gibt es noch eine Reihe weiterer Texte, die von einer göttlichen berit mit Menschen reden, doch ist darunter nur der Davidbund von etwas größerem Gewicht. Gemeint ist damit die Dynastiezusage an David, wie sie ohne die Vokabel berit vor allem in der Nathanweissagung 2Sam 7 erscheint. Ob die Interpretation dieser Zusage durch berit schon in ältere Zeit (etwa die Davidzeit) gehört, ist nicht sicher (dagegen Noth, Gesetze, 122: Der Davidbund ist eine »Vorstellung der Spätzeit«; <232:> ausführlich Perlitt, Bundestheologie, 47ff). Die beiden Psalmen (89; 132), in denen sie hauptsächlich gebraucht wird, gehören wohl schon in die späte Königszeit; Ps 132,12 könnte die konditionierte Zusage (»wenn deine Söhne meinen Bund bewahren ... sollen auch ihre Söhne für immer auf deinem Thron sitzen«) deuteronomischem Denken nahestehen (vgl. aber Gese, Davidsbund, 119). Wenn es in Ps 132 und Ps 89 um die gleiche berit geht, so ist zu beachten, daß sie einmal von Jahwe (Ps 89), einmal von den Davididen zu bewahren ist (Ps 132): dann wäre hier durchaus an Wechselseitigkeit der Bundesverpflichtung gedacht. Doch muß man (mit Perlitt, Bundestheologie, 52, u.a.) auch erwägen, daß Ps 132,12 nicht der Davidbund, sondern Jahwes Bund mit Israel gemeint sein könnte; auch dann bleibt es bei einer gegenseitigen Verpflichtung, die aber terminologisch nicht mit einem Begriff erfaßt wäre. Ob schließlich »Davids letzte Worte« (2Sam 23,1-7) aus älterer Zeit stammen, ist umstritten (für späte Datierung Mowinckel, Worte, u.a.); auch hier ist vom »ewigen Bund« die Rede, den Gott für David festgesetzt hat (V. 5). Doch ist eine sichere Datierung des schwierigen Textes kaum möglich. Von den späteren Belegen hat noch Jes 55,3 einiges Gewicht, sofern der »beständige« Davidbund nunmehr auf das ganze Volk übertragen wird, und zwar so, daß Israel dieselbe Funktion bekommt, die in Deuterojesajas Sicht einst David (mit seinem Großreich) hatte, nämlich Zeuge für Jahwe vor den Völkern zu sein. Ein spätexilischer Beleg für den Davidbund ist Jer 33,21, die Bekräftigung der göttlichen Zusage immerwährender Dauer der Daviddynastie (vgl. noch nachexilisch 2Chr 13,5; 21,7).