Jüdisches Lexikon

WÖRTERBUCH DES

JÜDISCHEN RECHTS
 
 Neudruck 1980 der im "Jüdischen Lexikon" (1927-1930)
erschienenen Beiträge zum jüdischen Recht
 
 MARCUS COHN

 

 

EHERECHT
 
Inhaltsübersicht


1. Allgemeines

2. Geschichtliche Entwicklung des Eherechts

3. Ehefähigkeit

4. Ehehindernisse

5. Eheschliessung

6. Pflichten und Rechte der Ehegatten

7. Eheliches Güterrecht

8. Ehebruch

9. Ehescheidung

1. Allgemeines

Alle Normen, die sich auf Schliessung, Bestand und Auflösung einer Ehe beziehen, werden im j. Recht mit besonderer Genauigkeit geregelt.  Die beiden wesentlichen Elemente der Ehe, die geschlechtliche und wirtschaftliche Verbindung von Mann und Frau, greifen in das menschliche Leben tief ein und bedürfen daher an und für sich einer sorgfältigen Regelung.  Hinzu kommt, dass die Ehe im j. Recht ein religiöses Institut ist.  Schon aus dem göttlichen Segen, der in der Bibel dem ersten Menschenpaar zuteil wird: "Seid fruchtbar und mehret euch"  (peru urwu, Gen. 1, 28), wird der religiöse Charakter der Ehe abgeleitet, insbes. die religiöse Verpflichtung zur Eheschliessung, die sich in erster Linie an den Mann, als den werbenden Teil, richtet. Freilich fehlt dem Ehe-1nstitut in der Bibel selbst, die ja zwischen Recht und Religion nicht trennt, jede ausgesprochen religiöse Betonung - nur der tatsächliche Vorgang der Eheschliessungen sowie die damit im Zusammenhang stehenden Formen und Sitten werden dort berichtet. - Aber an das biblischmosaische Recht schliesst sich der Talmud erläuternd und fortbildend an; und vornehmlich seitdem dem j. Volke die selbständige j. Gerichtsbarkeit auf allen Gebieten des Rechtslebens verlorengegangen und die Anwendung des j. Rechts auf gewisse Gebiete, vor allem diejenigen des E., beschränkt war, führte dies zu einer ganz besonderen Ausprägung der eherechtlchen Bestimmungen.  Das dritte Buch der Mischna, Seder Naschim, befasst sich vorzugsweise mit den Bestimmungen des j. E.; fünf Traktate - Jewamot, Ketubbot, Sota, Gittin und Kidduschin - sind ausschliesslich Materien des j. E. gewidmet. Jakob ben Ascher und Josef Karo haben im dritten Buch Ewen ha-eser ihrer Kodifikation Arbaa Turim bzw.  Schulchan aruch das E. behandelt.  Entsprechend nehmen auch diese Normen des E. bei den Dezisoren und in der Responsenliteratur (Scheelot uteschuwot) bis auf die Gegenwart einen breiten Raum ein.

Das j. E. zeigt die deutliche Tendenz, die Ehe aus dem Gebiete des privaten Vertragsrechts in die Sphäre der Sittlichkeit hinauszuheben; die Ehe soll ihren rein menschlichen Antrieben entraten und zur Familie, zum Stamm, zur Nation hinüberleiten. Vor allem hebt das j. E. stets den sittlichen Charakter der Ehe hervor, im Gegensatz zu den römisch-griechischen Vorstellungen, die in der Ehe ein wertvolles Mittel zur Mehrung der staatlichen Macht erblicken und darum auch in gewissen Fällen ein Recht des Vaters auf Aussetzung oder gar eine Pflicht des Staates zur Tötung von Missgeburten kennen.  Die Betonung des Sittlichkeitsprinzips lässt im J.-tum das Persönlichkeitsrecht früh aufleben und schliesst ein Tötungsrecht des Vaters aus (s.  Elterliche Gewalt). Die Ehe in ihrer sittlichen Bedeutung konnte sich im J.-tum um so leichter auswirken, als es keine Trennung zwischen Staatsmacht und Sittlichkeit entstehen liess.  Die auf solchen Sittlichkeitsprinzipien aufgebaute Ehe bildet dann auch für die Propheten stets ein Bild für die innige Verknüpfung Gottes mit Israel (z.  B. Hos. 1, 20ff.). Die Bewertung der Ehe war freilich auch im j. Schrifttum nicht immer dieselbe.  So lehnte z. B. die Sekte der Essäer die Ehe ab, um in ihrem der Sitte und reinen Frömmigkeit gewidmeten Leben nicht gestört zu werden, und aus Furcht vor Verunreinigung durch das weibl. Geschlecht. Diese Anschauung hat jedoch weniger auf das J.-tum als auf das Christentum in seinen ersten Anfängen einen Einfluss ausgeübt.

Die Wahl der Ehegefährten sollte nur mit Einverständnis der Eltern erfolgen.  In bibl.  Zeit bestimmen die Eltern die Ehe für ihre Kinder.  Doch auch ohne die elterliche Zustimmung hat die Eheschliessung ihre Gültigkeit. Im j. Schrifttum wird in vielfachen Mahnungen bes. eingeschärft, auf eine eheliche Verbindung zu achten, die ein harmonisches Zusammenleben und ein gemeinsames gedeihliches Erziehen der Kinder ermöglicht. Auf Reinheit der Abstammung wird besonders Wert gelegt, bisweilen gehen diese Bedenken so weit, dass man, aus Furcht vor Verbindung mit einer bemakelten Person, vor der Eheschliessung zurückschreckt.

 

2. Geschichtliche Entwicklung des Eherechts

Die verschiedenen Formen der Ehe pflegt man in den historischen und primitiven Rechten nach dem tatsächlichen Vorherrschen des einen der beiden Ehegatten (Matriarchat - Mutterherrschaft, Patriarchat - Vaterherrschaft), nach der Zahl der Frauen, mit denen eine Ehe eingegangen werden kann (Polygamie oder Monogamie), oder nach der Form der Eheschliessung (Raubehe, Kaufehe usw.) einzuteilen.

Aus dem quellenmässig überlieferten j. E. lassen sich, als Beitrag zur Vorgeschichte des E., die Grundformen einer früheren Periode unschwer erschliessen, die in dem späteren, durch die Quellen belegten Abschnitt der Entwicklung bereits durch andere Formen abgelöst waren.  Im biblischen Recht lassen sich deutlich noch Merkmale erkennen, die auf das Mutterrecht als die Urform des E. hinweisen, so vor allem die Namengebung durch die Mütter (vgl. z. B. Gen. 29; 1. Sam. 4, 21).  In den überlieferten Quellen erweist sich das j. E. jedoch als durchaus vaterrechtlich aufgebaut; dies kommt sprachlich schon darin zum Ausdruck, dass der Ehemann als der baal, d. h. Herr, und die Ehefrau als be-ula Eigentum (eig. Besessene), bez. wird.

Das bibl. E. steht zunächst auf dem Standpunkt der Polygamie, der wohl infolge der im Orient herrschenden klimatischen Verhältnisse dort im allgemeinen üblichen Eheform.  In gewisser Hinsicht war diese Polygamie eine Schranke gegen Unsittlichkeit.  Auch die Leviratsehe, die Ehe des Bruders eines Verstorbenen mit dessen kinderloser Ehefrau, setzt diese Polygamie voraus, denn diese Verpflichtung obliegt auch dem bereits verheirateten Schwager.  Manchen Missständen, die sich aus der Polygamie ergeben können, sucht das bibl.  Recht zu begegnen; so wurde die gleichzeitige Ehe mit zwei Schwestern verboten (Lev. 18, 15).  Die Rechte des Erstgeborenen der ersten Frau, die geradezu als die "Gehasste" bezeichnet wird, dürfen nicht zugunsten des Sohnes der zweiten, "geliebten", Frau gekürzt werden (Deut. 21, 15ff.). Allmählich trat die Polygamie im j. Rechtsleben zurück, und R. Ammi will der Frau ein Scheidungsrecht gewähren, falls ihr Mann gleichzeitig noch eine zweite Ehe eingeht (b. Jew. 65a). R. Gerschom in Worms hat dann durch die von ihm um 1040 einberufene Rabbinerkonferenz die Eingehung einer Mehrehe zunächst für Europa untersagen lassen; diese Verordnung wurde von den aschkenasischen J. für alle Länder ausser Palästina angenommen.

Das bibl. Recht kennt ferner das Konkubinat als besondere Art der Polygamie.  Die rechtliche Stellung des Kebsweibes (Pilegesch) war jedoch von derjenigen der Ehefrau nur hinsichtlich der Eheschliessungsform und hinsichtlich ihrer güterrechtlichen Ansprüche unterschieden.

3. Ehefähigkeit

Diese setzt bestimmte Eignungen voraus.  Da die Eheschliessung in der Form eines Vertrages erfolgt, sind zur Eingehung einer Ehe nur diejenigen fähig, denen im allgemeinen die Handlungsfähigkeit zusteht; damit sind alle diejenigen ausgeschlossen, denen die physische oder psychische Fähigkeit mangelt, ihren Willen zu äussern, also vor allem die Taubstummen, Unzurechnungsfähigen und Minderjährigen (Cheresch schote wekatan).
Den Taubstummen wurde freilich durch eine Anordnung der Mischna (Jew. 14, 1) die Ehe ermöglicht, vorausgesetzt, dass sie sich durch Zeichensprache verständlich machen können.  Die Ehe von völlig Unzurechnungsfähigen war auch nach talmudischem Recht ungültig (b.  Jew. 112b); jedoch wurde denen, die nur gemindert oder zeitweise unzurechnungsfähig waren, die Möglichkeit zur Eheschliessung gegeben. - Ein Minderjähriger kann eine Ehe selbst nicht eingehen; hingegen kann der Vater für seine minderjährige Tochter ohne deren Wissen, ja auch gegen deren Willen eine Ehe schliessen. Diese Eheschliessung der minderjährigen

Tochter mag in biblischer Zeit, da die Frühehe vorherrschend war, vielfach zur Anwendung gekommen sein, in talmudischer Zeit wird sie jedoch bereits abgelehnt (b.  Kidd. 4la; E. H. 37, 8).  Ist die Minderjährige jedoch von ihrer Mutter oder von ihren Brüdern verheiratet worden, so kann sie später, nachdem sie mündig und handlungsfähig geworden ist, die Anerkennung dieser Ehe verweigern (s. Me-un).

Zeugungsunfähigkeit ist ein absolutes Ehehindernis; die Eunuchen und Kastraten können daher nicht heiraten (Deut. 23, 2), der Tumtum (Verstopfte, bei dem die Genitalien so tief liegen, dass sein Geschlecht nicht erkennbar ist) erst nach genauer Feststellung seines Geschlechts.

 

4. Ehehindernisse

Die Ehehindernisse sind zum Teil absolut und unabänderlich, zum Teil nur zeitlich begrenzt und an bestimmte Fristen gebunden.

I. Absolute Ehehindernisse

a) Verwandten-Ehen.  Diese stehen unter den Eheverboten an erster Stelle. Der Geschlechtsverkehr mit Blutsverwandten oder Verschwägerten wird in der Bibel als Greuel und Schande bezeichnet.  Die dort angeführten verbotenen Verwandtschaftsgrade sind für jedermann unabänderlich; im Gegensatz zum kanonischen Recht (der katholischen Kirche) kennt die j. Lehre kein Dispensationsrecht.

Eine Begründung dieses Verbotes von Ehen unter Blutsverwandten oder Verschwägerten wird in der Bibel nicht gegeben.  Bisweilen wird der Grund in allgemeinen Naturgesetzen erblickt; dem steht jedoch die Tatsache entgegen, dass kultivierte Völker, wie die Ägypter, Griechen, Perser, diese Eheverbote nicht kannten.  Bes. einleuchtend erscheinen die Motivierungen von Saadja (Emunot wedeot Kap. 3) und Maimonides (More newuchim 3, 49), nach denen diese Gesetze die Reinhaltung der Zucht und der Sittlichkeit in den Familien bezwecken, deren einzelne Glieder ein inniges familiäres Band unter Ausschaltung aller sexuell-erotischen Beziehungen verbinden soll.

b) Besondere Eheverbote zur Förderung der Sittenstrenge.  Eine weitere Gruppe von Eheverboten des j. Rechts bezweckt die Reinheit der Ehe und die Förderung der Keuschheit. Hierzu gehören vor allem folgende Eheverbote:
Der Ehemann darf die von ihm geschiedene Frau nicht wieder heiraten, wenn sie inzwischen eine andere Ehe eingegangen ist, die dann wieder durch Tod des Ehemannes oder Scheidung aufgelöst wurde (Deut. 24, 4).
Eine Frau, die des Ehebruchs (s.  Ziffer 8) überführt worden ist, darf weder ihre bisherige Ehe weiterführen noch nach Auflösung ihrer Ehe den Ehebrecher heiraten.
Um keinen falschen Verdacht aufkommen zu lassen, wird ferner all den Personen die Ehe mit einer Frau untersagt, die für diese als Vertreter bei einer Scheidung oder als Einzelzeugen bei einer Feststellung des Todes des Ehemannes fungiert haben (E.  H. 12, 1).

c) Religiös-nationale Eheverbote.  Für manche Personen liegt schon von Geburt an ein Hindernis vor, überhaupt eine Ehe nach j. Recht einzugehen.  Das gilt vor allem für den Mamser (Bastard, d. h. das aus einer verbotenen Ehe stammende Kind), der keine Ehe eingehen darf, und der diese Eheunfähigkeit stets auf die weiteren Generationen, selbst bis in das zehnte Geschlecht, überträgt.  Auch dem Findling und dem Schetuki (uneheliches Kind, dessen Vater ungekannt geblieben) fehlt im allgemeinen die Ehefähigkeit; hingegen erfährt die Ehefähigkeit des nur unehelichen, d. h. des aus einer nicht nach dem rabbinischen Ritual geschlossenen Ehe stammenden Kindes, keine Beschränkung.

Untersagt war ferner bereits nach mosaischem Recht die Eingehung einer Ehe mit den kanaanitischen Völkern; später wurde dann dieses Eheverbot auf alle fremden Völker erstreckt und die Eingehung jeder Mischehe verboten, es stand aber einer ehelichen Verbindung mit Proselyten anderer Völker nichts im Wege.  Eine Ausnahme hiervon bildeten die Netinim (Nachkommen der Gibeoniter), gegen die, als Strafe für ihre Grausamkeit gegen die Nachkommen Sauls (11.  Sam. 21, lff.), das Eheverbot auch nach ihrem Übertritt ins J.-tum fortbestehen blieb.  Auch den Ammonitern und Moabitern männlichen Geschlechts und beiden Geschlechtern der Ägypter und Edomiter bis ins 3. Glied versagt das j. Recht die Ehefähigkeit (Deut. 23, 4ff.); diese Ausnahmen wurden jedoch schon in frühester Zeit wieder aufgehoben (Jad. 4, 4).  Eine Eheschliessung mit kanaanitischen Sklaven war nicht möglich, aber nach ihrer Freilassung galten sie auch in dieser Hinsicht als Volljuden.

Das j. Recht kennt keine Ehen, die wegen der Standesunterschiede verboten gewesen wären.  Ausser den allgemeinen Eheverboten gelten nur besondere Ehehindernisse für den Stamm der Priester (Kohanim), d. h. der Nachkommen Ahrons (s.  Priesterehe).

II. Zeitlich begrenzte Ehehindernisse

Einige Ehehindernisse haben nur für eine bestimmte Zeit Geltung und kommen nach Ablauf dieser gesetzlich vorgesehenen Fristen sofort in Wegfall.
Eine Witwe oder Geschiedene darf innerhalb von 90 Tagen nach dem Tode des Ehemannes oder nach rechtsgültiger Entgegennahme des Scheidebriefes (Get) keine neue Ehe eingehen.  Diese Bestimmung bezweckt, Unklarheiten in der Vaterschaft zu vermeiden.  Eine Witwe oder Geschiedene, die ein Kind zu nähren hat, darf erst nach Ablauf von 24 Monaten seit der Geburt des Kindes wieder heiraten - eine Frist, die der damaligen Sitte, die Säuglinge zwei Jahre lang zu stillen, entspricht (b.  Jew. 42a). Dieser Punkt nimmt in den Responsen der letzten Jahrhunderte einen sehr breiten Raum ein, da solche Fälle individuell behandelt werden müssen und das Verbot in manchen Fällen aufgehoben werden kann.
Bei Anordnung der Ehescheidung kennt das j. Recht die Festsetzung einer speziellen Wartefrist nicht.  Hingegen darf der Ehemann nach dem Tode der Ehefrau nicht nur während der religionsgesetzlich vorgesehenen 30 Trauertage (Scheloschim) keine neue Ehe eingehen, sondern er soll erst dann wieder heiraten, wenn die drei nächstfolgenden Wallfahrtsfeste (Schalosch regalim) verstrichen sind (J.  D. 392, 2).

Eine Frau, der bereits zwei Ehemänner, ohne dass es sich bei der Todesursache um aussergewöhnliche Unglücksfälle gehandelt hätte, gestorben sind, soll keine dritte Ehe eingehen, weil das Geschick der beiden verstorbenen Ehemänner als unglückliches Vorzeichen zu betrachten ist (b.  Jew. 64b); doch wurde in nachtalmudischer Zeit dieses Ehehindernis nicht mehr als zwingend angesehen.
Eine bestehende Ehe bildet - für die Frau seit jeher, für den Mann nach dem heute geltenden Recht - gleichfalls ein Hindernis zur Eingehung einer neuen Ehe.
Eine Frau darf nur mit einem Manne verehelicht sein. War sie schon verehelicht, so kann sie erst dann eine neue Ehe eingehen, wenn Scheidung erfolgt oder der Tod ihres Mannes nachgewiesen ist.  Da nun aber der Scheidungsakt nach j. Recht vom Manne auszugehen hat und ohne dessen Zustimmung nicht vorgenommen werden kann, da ferner bezüglich des Todes des Ehemannes sichere Nachweise verlangt wurden - eine Erklärung der Verschollenheit im modernrechtlichen Sinne kennt das j. Recht nicht -, befindet sich eine von ihrem Manne verlassene Ehefrau oft in der bedauernswerten Lage, eine zweite Ehe nicht eingehen zu können, da sie - als Aguna - an den verschollenen Ehemann gebunden bleibt. - Nachdem für die abendländischen J. seit R. Gerschom die Polygamie untersagt ist, bedeutet auch für den Ehemann das Bestehen einer Ehe ein Hindernis zur Eingehung einer neuen Ehe.

5. Eheschliessung

Die natürliche und in der ältesten Zeit wohl zunächst ausschliesslich angewandte Form der Eheschliessung ist die tatsächliche Verbindung von Mann und Weib. Auch für das j. Recht ist die Eheschliessung durch Beiwohnung (Bia) als eine der gültigen Formen in der Mischna (Kidd. 1, 1) anerkannt und für die älteste Zeit wohl als die verbreitetste Form anzunehmen.  Erst in einer späteren Zeit, als diese Form nicht mehr dem sittlichen Gefühl entsprach, wurde sie als Schamlosigkeit missbilligt.  Wäre die Ehe formlos geschlossen, so könnte sie auch formlos gelöst werden; eine ohne bindende Formen eingegangene Ehe würde aber der Frau, als dem wirtschaftlich schwächeren Teil, nicht die nötige Sicherheit gewähren.  Die Rechte und Pflichten der Ehegatten wären nicht zuvor genau abgegrenzt, die Fürsorge für die Kinder wäre nicht geregelt.  Die Entwicklung des j. E. geht denn auch dahin, die Ehe nur in bestimmten, vom Recht geprägten Formen zuzulassen.
Die grundlegende Eheschliessungsform des j. Rechts zeigt nun deutlich die Form des Kaufvertrages; der Gatte erwirbt die Gattin zur Ehe.  Eine Raubehe wird in historischer Zeit nicht von einzelnen, sondern nur von der Gesamtheit erwähnt (Deut. 21, l0ff.; Ri. 21, 6ff.). Es ist zweifellos, dass in historischer Zeit die Eheschliessung des j. Rechts von Gedanken der Kaufehe oder genauer des Kauf-Verlöbnisses beherrscht war, da diese dem Kaufvertrag ähnliche Form nur dem die Ehe begründenden Verlöbnis (Antrauung), nicht aber der erst später stattfindenden Hochzeit und der Ehe in ihrer Dauer zugrundeliegt. Die Ehe wird in der Form eines Vertrages abgeschlossen, der das beiderseitige Versprechen gegenseitiger Leistungen enthält und der grundsätzlich, wie jeder Vertrag, auf der freien Willensbildung beruht.  Dies hindert natürlich nicht, dass die Ehe trotz der vertragsrechtlichen Begründung einen sittlichen Inhalt und Zweck erhält.
Der rechtsgültige Anfang der Ehe war die Antrauung (Verlöbnis); diese machte die Jungfrau zur "Verlobten" und "Angetrauten", nicht erst die Hochzeit und tatsächliche Ehe.  Die Untreue oder die Vergewaltigung der Verlobten wird daher mit der Todesstrafe gesühnt wie der Ehebruch der verheirateten Frau (Deut. 22, 23ff.). Eine Trennung von der Verlobten ist nur durch Scheidung möglich.
Dem j. Eheschliessungsrecht gibt Erussin, der eigentümliche Verlobungsakt (Antrauung), das Gepräge, der in formeller Hinsicht, ähnlich wie in anderen alten Rechten, bereits den Beginn der Ehe darstellt. Früher wurde durch das Verlöbnis ein Übergangsstadium geschaffen, in dem das Mädchen zum Teil vom Vater unabhängig wurde, bevor es vollkommen in die Ehe und damit in die Machtsphäre des Mannes trat.  Das Verlöbnis war nicht nur Weihung des Weibes und Eingehung des Eheversprechens, sondern bereits rechtsgültiger Anfang der Ehe.  Zwischen dem Verlöbnis und der Hochzeit liess man eine Zeit von 12 Monaten verstreichen, um der Jungfrau Gelegenheit zu geben, ihre Ausstattung in Ordnung zu bringen und sich auf die Ehe vorzubereiten.  Ein längerer Aufschub der Hochzeit wird getadelt.  Für die Witwe, für die eine baldige Wiederverheiratung eher von Bedeutung ist, und die auch eine solche lange Zeit zur Vorbereitung ihrer Ausstattung, die sie zumeist noch besitzt, nicht benötigt, wird nur eine Frist von einem Monat vorgesehen (Ket. 2, 2).  In dieser Zeit zwischen Erussin und Nissu-in und im ersten Jahr seiner Ehe ist der Ehemann vom Kriegsdienst befreit (Deut. 20, 7; Sot. 8, 2).

Der Verlöbnis-Vertrag wurde durch den Mann in der frühesten Zeit mit dem Vater der Braut in der Weise abgeschlossen, dass von ihm in Gegenwart von Zeugen ein Kaufpreis (mohar) an den Vater der Braut bezahlt wurde. Als Minimalpreis werden 50 Schekel erwähnt (Ex. 22, 15; Deut. 22, 29). Auch durch persönliche Arbeitsleistung konnte eine Frau erworben werden; dann bestand der Kaufpreis im Entgelt für persönliche Dienste (Dienstehe). Der Kaufpreis verblieb zunächst dem Vater der Braut.  Dieser durfte ihn jedoch wieder als Ausstattung für die Tochter verwenden, andernfalls empfand dies die Tochter als Benachteiligung, der Vater hat sie dann gleichsam wie eine Magd verkauft (Gen. 31, 15).  Aus diesem an die Tochter abgefahren "Mohar" ist später wohl das Ausstattungsgut hervorgegangen, das vom Vater oder ihren Angehörigen der Braut gegeben wurde.  In der nachexilischen Zeit war die Mitgift ganz an die Stelle des ohnehin bereits symbolisch gewordenen Kaufpreises getreten (vgl. Tob. 8, 2 1; Sir. 25, 2 1).  Ausser diesem Kaufpreis wurden wohl auch bei diesem Verlöbnisakt die Geschenke verabreicht, die der Bräutigam der Braut senden sollte und die dann ihr persönlich gehörten (Gen. 34, 12).  Nach Ablauf der Verlöbnis-Zeit erfolgte die Hochzeit (Nissu-in), d. h. die Heimführung der Frau in das Heim des Mannes, die feierlich begangen wurde.  Die Braut wurde ins Brautgemach des Bräutigams geführt; durch diesen Akt, der später durch den Baldachin (Chuppa) versinnbildlicht wurde, war die Ehe vollzogen.
Je mehr man den primitiven Verhältnissen, die das mosaische Recht im Auge hatte, entrückt war, desto mehr musste es als nachteilig empfunden werden, dass das Verlöbnis, entgegen seinem eig.  Charakter eines Versprechens und Vorvertrages, die Brautleute aneinander kettete und eine allfällige Auflösung durch Scheidung nötig machte.  Deshalb wurden durch die Dezisoren im Mittelalter, bes. für die westlichen Länder, diese beiden Institute Verlöbnis und Hochzeit in der Weise vereinigt, dass das Verlöbnis (Erussin) gleichzeitig mit dem Chuppa-Akt anlässlich der Hochzeit erfolgt.  Dadurch haben nun die auch früher dem Verlöbnis vorangehenden Vorbesprechungen (Schidduchin) an Bedeutung gewonnen und sich, wie im modernen Recht, zu der eig. Verlobung entwickelt, einem Vorvertrag, bei dem Vereinbarungen über die künftige Verehelichung (Festsetzung der Mitgift, Bestimmung der Hochzeit usw.) getroffen werden.  Schon in talmudischer Zeit wurden diese vorangehenden Besprechungen für so notwendig erachtet, dass deren Unterlassung scharfem Tadel unterlag, und dass Raw (Abba Areka) im 3. Jh. sie als obligatorisch erklärte (b. Kidd. 12b).  Diese an und für sich nicht verbindlichen Abmachungen wurden durch gleichzeitig vorgenommenen Erwerbsakt (Kinjan) zu rechtsgültigen Vereinbarungen (Tena-im) gestaltet, wie deren Erfüllung auch durch Strafen sichergestellt wurde.
Das heute geltende j. E. hat sich demnach in seiner Entwicklung durch die Vereinigung von Erussin und Nissu-in den mehr abendländischen Eheschliessungsformen angepasst und kennt heute, ausser der vorangehenden Verlobung (Schidduchin, Tena-im), nur einen Akt der Eheschliessung, der die beiden urspr. getrennten Institutionen Erussin, Antrauungs-Verlöbnis (durch Kidduschin), und Nissu-in, Hochzeit (durch Chuppa), vereinigt.
Hierbei hat der erste Teil einen mehr formalen, der zweite Teil einen mehr religiösen Charakter angenommen.

a) Das Verlöbnis (Erussin) erfolgt durch die Antrauung (Kidduschin), d. h. Aneignung der Frau durch den Mann; er macht sich die Frau zu eigen, so dass sie ihm geweiht und für jeden andern ein unantastbares, geheiligtes Gut wird (b. Kidd. 2b).

Die Antrauung kann nach der Formulierung der Mischna (Kidd. 1, 1) auf dreierlei Weise erfolgen:

1. Durch Übergabe einer Wertsache (kessef). In der Praxis hat sich nur diese Antrauung durch Werthingabe erhalten; diese Wertsache, gleichsam den symbolisierten "Kaufpreis", erhielt das Mädchen oder, falls es minderjährig war, dessen Vater oder Angehörige.

Die Halacha entscheidet entsprechend der Schule Hillels, die den Wert dieses "Kessef" auf eine Peruta, die kleinste damalige Kupfermünze, als Mindestbetrag festsetzt.  Schon die Geringfügigkeit dieses Wertgegenstandes zeigt, dass die Werthingabe nicht etwa tatsächlich als Zahlung eines Kaufpreises gedeutet werden kann, sondern nur symbolisch die Aneignung des Weibes durch rechtzeitigen Erwerb darstellen soll.  Der Trauring, der in alter Zeit kaum bekannt war, hat sich seit einigen Jahrhunderten in allen j. Kreisen durchgesetzt, wohl deshalb, weil er mit der Möglichkeit der leichten Aufbewahrung gleichzeitig den Schmuckcharakter verbindet.

2. Durch Übergabe der Urkunde (schetar, Diese Trauungsurkunde (schetar kiddschin, oder erussin) muss die Formel enthalten: "Du sollst mir angetraut sein" und muss für den speziellen Zweck (lischma) sowie mit Einwilligung der Frau (midaata) geschrieben werden (b. Kidd. 9a). Es wird verlangt, dass auch der Name von Mann und Frau in der Urkunde erwähnt werde (E. H. 32, 4). Da in nachtalmudischer Zeit das Erwerbssymbol (Kessef) die übliche Antrauungsform wird, ist diese Antrauungsurkunde völlig ausser Gebrauch gekommen.

3. Durch ehelichen Verkehr (bia, Das Verlöbnis durch Vollzug des Beischlafes ist zwar in der Mischna als Antrauungsmöglichkeit genannt und mag auch in ältester Zeit oft zur Anwendung gekommen sein; im Talmud wird diese Sitte jedoch als Zeichen der Schamlosigkeit getadelt, und Abba Areka bestrafte sogar denjenigen, der sich ihrer bediente, durch die Geisselstrafe (b. Kidd. 12b).
Die Antrauung in der heute gebräuchlichen ersten Art des Kessef hat jedoch nur dann rechtliche Bedeutung, wenn der Mann bei der Übergabe des Eheringes die folgende Antrauungsformel spricht: "Hare at mekuddeschet li betabba-at so kedat Mosche wejisrael" "Du bist mir angelobt durch diesen Ring nach der Satzung Moses' und Israels."

Bei diesem Antrauungsakt mussten zwei einwandfreie Zeugen zugegen sein.  Dieser Erklärung folgte dann die Übergabe des Kessef und sodann, im Beisein von 10 erwachsenen Personen (Minjan), das Sprechen des Segensspruches des Verlöbnisses (birkat erussin). Die Antrauung setzt die freie Willensübereinstimmung der Ehegatten voraus. Die durch Zwang (oness) oder Irrtum zustandegekommene Eheschliessung ist in der Regel ungültig. Die Übereinstimmung des beiderseitigen Willens gilt dadurch als erbracht, dass der Mann die Erklärung mit den Worten der genannten Trauungsformel abgibt, und zwar in einer der Frau verständlichen Weise, während die Frau durch stillschweigende Entgegennahme des Kessef ihre Zustimmung zum Ausdruck bringt.

Sehr oft wird in talmudischer Zeit das Verlöbnis unter einer Bedingung eingegangen. Diese Bedingung musste jedoch in ihrer Formulierung und Bekanntgabe den ziemlich strengen Anforderungen des j. Rechts entsprechen, alsdann war, falls die Bedingung sich nicht erfüllte, das Verlöbnis ungültig.
Die persönliche Anwesenheit der beiden Ehegatten bei Vornahme des Verlöbnisaktes mag schon zur Zeit des Talmud das übliche gewesen sein, jedoch ist es beiden Ehegatten gestattet, sich bei dem Antrauungsakt (durch Kessef oder Schetar) vertreten zu lassen; die Normen der Vertretung im j. Recht finden sich gerade auf diesem Gebiete des E. besonders ausgeprägt, und es bildet die Vertretung bei Antrauung und Ehescheidung geradezu eine der Rechtsquellen für die allgemeine Zulassung der direkten Vertretung im j. Recht.

b) Die Hochzeit ( Nissu-in), die eigentliche Vermählung, folgt nach Verlauf der vereinbarten oder üblichen Brautzeit (heute unmittelbar) auf den Verlöbnis-(Erussin-)Akt.  Diese Vermählung wurde in alter Zeit durch die Heimführung des Weibes in das Haus des Mannes (nissu-in wörtlich die "Zusicherhebung" der Frau), mittels des sog. Chuppa-Aktes vollzogen, der, soweit die spärlichen Quellen dies erkennen lassen, eine interessante Rechtsentwicklung durchgemacht hat.  Im geltenden j. Recht wird das Brautgemach durch die Chuppa repräsentiert, bisweilen auch nur durch einen über Mann und Frau ausgebreiteten Tallit (Gebetmantel).  In Gegenwart von 10 Männern wurden Segenssprüche (Birchot nissu-in), die die Ehe als göttliche Institution feiern und für die Zukunft der Ehegatten den Segen Gottes erflehen, vorgetragen.  Da die eigentliche "Einsegnung" von seiten eines Geistlichen dem J.tum fremd ist, war nur die Zuziehung eines mit den Bestimmungen des j. E. vertrauten Mannes erforderlich. Sodann erfolgte das Verlesen der Ketubba, des Ehevertrages, der von zwei Zeugen zu unterschreiben war und in dem der Ehemann für den Fall des Todes und für den Fall der Ehescheidung sich verpflichtete, seiner Frau bestimmte Beträge zukommen zu lassen (Näheres s. Ketubba).  Ausser diesen speziellen güterrechtlichen Pflichten, die der Ehemann für den Fall der Auflösung der Ehe auf sich nimmt, enthält diese Ketubba noch die allgemeinen ehelichen Pflichten, die der Mann mit der Eheschliessung übernimmt.
Hierauf folgte als letzter Akt der Eheschliessungsform das "Alleinsein" (Jichud) der Ehegatten, durch das der Ehevollzug symbolisiert wird.

Die vorstehend skizzierten beiden Akte der Eheschliessung werden nach heutiger Cbung zumeist vom Rabbiner (es genügt evtl. auch ein gesetzeskundiger, unbescholtener, verheirateter J., Ba-al habajit) zusammen vollzogen und reihen sich in folgender Weise aneinander:

Das Brautpaar wird unter die Chuppa geführt. Es folgt sodann zunächst die Benediktion des Verlöbnisses über einen Becher Wein, von dem Braut und Bräutigam trinken.  Sodann spricht der Bräutigam die Antrauungsformel und überreicht der Braut den Ring.  Nun wird die Ketubba, die vielfach ausser von den Zeugen auch vom Ehemann unterschrieben wird, verlesen, und es folgt die Benediktion der Vermählung, wobei die Ehegatten wiederum gemeinsam aus dem zweiten Becher trinken.  Mit dem hierauf folgenden Alleinsein der Eheleute findet der Vermählungsakt seinen Abschluss.

Dieses Fest der Vermählung wird in allen j. Kreisen bes. feierlich begangen, und man ist mit vielfachen, nach Land und Zeit verschiedenen Hochzeitsbräuchen bestrebt, das Hochzeitspaar, das erst an diesem Tage als Chatan (Bräutigam) und Kalla (Braut) bezeichnet wird, zu erfreuen.

6. Pflichten und Rechte der Ehegatten

Die Pflichten des Ehemannes gegenüber seiner Ehefrau werden im wesentlichen aus Ex. 21, 10 abgeleitet. Diese bibl. Quelle spricht von der hebräischen Magd, welche durch ihren Herrn als Frau für dessen Sohn bestimmt wurde; für den Fall, dass dieser Sohn noch eine andere Frau heiratet, darf nichts von ihren Rechten gekürzt werden, "er darf ihre Kost, ihre Kleidung und ihren Anspruch auf ehelichen Verkehr nicht mindern" (schwere, egssuta weonata lo jigra).  Diese Rechte der ehemaligen hebr. Magd werden nun als die wesentlichen Rechte jeder Ehefrau erachtet und in der Mischna und im Talmud, in sehr weitgehender Weise erweitert, als die Pflichten des Ehemannes festgesetzt.  Im einzelnen ist er zu folgenden Leistungen während des Bestehens der Ehe verpflichtet:

1. Gewährung des Lebensunterhalts an die Ehefrau

Der Ehemann ist verpflichtet, die Frau zu ernähren, zu kleiden und für ihre Wohnung zu sorgen.  Das gesamte Vermögen des Mannes, auch seine Immobilien, haften für diese Unterhaltspflicht, und im Falle seiner Zahlungsweigerung schreiten die Gerichtsbehörden ein.

Auch bei Abwesenheit des Ehemannes erhält die Ehefrau die zum Lebensunterhalt notwendigen Beiträge von seiten der Behörden nach Verlauf von 3 Monaten aus dem Vermögen des Mannes ausbezahlt; für die ersten 3 Monate wird angenommen, dass der Ehemann für die nötigen Alimente gesorgt habe (b.  Ket. 107a).

Die Unterhaltspflicht übernimmt der Ehemann ausdrücklich in der Ketubba, in welcher der Bräutigam in der späteren Fassung u. a. erklärt: "Werde meine Frau nach dem Gesetze Moses' und Israels, und ich will für dich arbeiten, dich ehren, dich speisen, dich verpflegen nach der für jüdische Männer bestehenden Satzung, die für ihre Frauen arbeiten, sie ehren, sie verpflegen und sie kleiden in wahrer Treue."

Ist der Ehemann nicht vermögend und ohne Verdienst, so muss er sich sogar als Tagelöhner vermieten, um seine Frau ernähren zu können (E. H. 70, 3).
Bei der Festsetzung der Höhe der Unterhaltsbeiträge sind die
Vermögensverhältnisse des Ehemannes in erster Linie zu berücksichtigen, sodann aber auch die frühere Lebensweise der Ehefrau im Hause ihrer Eltern.  Im allgemeinen wird hierbei stets der talmudische Grundsatz angewendet: "Die Ehefrau erhebt sich mit ihrem Mann zu dessen Stand, aber sie steigt nicht mit ihm herab" (b. Ket. 61a).  Erwähnt wird z. B., dass der Mann es seiner Frau auch nicht an Schmuck fehlen lassen darf.

In der in Jerusalem und Galiläa üblichen Formel der Ketubba wurde vorgesehen, dass die Ehefrau Anspruch auf Unterhalt und Wohnung auch nach dem Tode des Ehemannes haben solle. In Judäa fügte man die Klausel hinzu: "bis die Erben die Ketubba dir ausbezahlen"; damit wurde die Dauer der Gewährung der Unterhaltsbeiträge vom Willen der Erben abhängig gemacht (Ket. 4, 12).  Das Verhalten der Judäer wurde jedoch im Talmud scharf getadelt ("die Leute von Judäa hielten das Geld höher als ihre Ehre"; j. Ket. 4, 14), und die in Jerusalem übliche Auffassung gelangte später zur allgemeinen Anwendung; die Witwe hat somit stets Anspruch auf weitere Gewährung des Lebensunterhalts, bis sie von sich aus die Auszahlung der in der Ketubba vorgesehenen Beträge fordert, was wohl zumeist erst geschieht, wenn sie die Absicht hat, sich wieder zu verheiraten; mit der Wiederverheiratung erlischt nämlich die Unterhaltspflicht ohne weiteres.
Bedeutsam ist, dass die Witwe mit ihren Ansprüchen denen der Erben stets vorangeht und dass der Erblasser durch letztwillige Verfügung diese Rechte der Witwe nicht schmälern kann.

Die Unterhaltspflicht erstreckt sich auch auf die Töchter des Erblassers, und diese Verpflichtung liegt den Erben auch dann ob, wenn sie nicht vorher ausdrücklich ausbedungen wurde (Ket. 4, 1 1).

2. Pflicht des ehelichen Verkehrs

Aus dem Wesen der Ehe und ihrem Zweck der Erfüllung der Pflicht zur Fortpflanzung (peru urewu) ergibt sich, dass die wichtigste gemeinschaftliche Pflicht der Ehegatten die der Ausübung des ehelichen Verkehrs ist.  Das j. Recht hebt denn auch diese eheliche Pflicht ihrer Bedeutung gemäss ganz bes. hervor und erörtert auch - ohne falsche Scham - die Folgen der Nichterfüllung dieser Pflicht in allen Einzelheiten.  Im Talmud wird der eheliche Verkehr als Pflicht des Mannes und als Recht der Frau behandelt; diese Einstellung ergibt sich aus dem grundsätzlich polygamen Charakter der j. Ehe.

Der Ehemann ist verpflichtet, je nachdem seine Gesundheit und seine Lebensweise dies erlauben, diese Pflicht zu erfüllen.  Dem Ehemann wird daher auch das Recht genommen, ohne Zustimmung seiner Frau den Beruf zu wechseln oder auf Reisen zu gehen.  Eine Ausnahme wird zugunsten der Torabeflissenen statuiert, welche sich auch für die Dauer von mehreren Jahren von ihrer Frau zum Zweck des Torastudiums entfernen dürfen.

Keiner der beiden Ehegatten kann auf den ehelichen Verkehr verzichten, und eine bezügliche Vereinbarung wäre ungültig.  Hat sich der Ehemann durch ein Gelübde den ehelichen Verkehr versagt, so wird einem solchen Gelübde nur für die Dauer einer Woche Geltung beigemessen.  Im Falle der Verweigerung des ehelichen Verkehrs von seiten der Frau hat der Ehemann das Recht auf Scheidung, wobei die Ehefrau ihrer Ansprüche aus ihrer Ketubba verlustig geht.  Er kann aber auch durch das Gericht ihre Ketubba-Ansprüche kürzen lassen, um sie hierdurch zum Nachgeben zu veranlassen. Die Ehefrau kann, falls der Ehemann ihr den ehelichen Verkehr verweigert, auch veranlassen, dass ihm von seiten des Gerichts eine Geldstrafe auferlegt wird, in der Weise, dass zu ihren in der Ketubba niedergelegten Forderungen wöchentlich eine bestimmte Summe hinzugefügt wird (Ket. 5, 7), auch steht ihr das Recht zu, die Scheidung von ihm zu verlangen.  Im Talmud (b. Ket. 63a) und in den bezügl. Responsen (vgl. bes.  Resp. v. R. Meir aus Rothenburg, Nr. 1021) wird berichtet, dass das Gericht sich durch besondere Anordnungen bemühte, die Ehegatten zur Erfüllung ihrer Pflichten anzuhalten, und sie eventuell zur Scheidung zwang.

Kann infolge von Krankheit oder Gebrechlichkeit des Ehemannes die eheliche Pflicht nicht erfüllt werden, so hat, falls innerhalb einer Frist von 6 Monaten eine Besserung nicht eingetreten ist und die Frau es verlangt, die Scheidung zu erfolgen (E.  H. 76, 1 1).

3. Wahrung der ehelichen Treue

Der Ehemann hat Anspruch auf Wahrung der ehelichen Treue.  Schon leichte Übertretungen gegen die eheliche Sittlichkeit können dem Mann das Recht zur Scheidung geben und die Ehefrau ihrer güterrechtlichen Ansprüche aufgrund der Ketubba verlustig erklären lassen.  Ein Bruch der ehelichen Treue durch die Ehefrau wird als Ehebruch bestraft.

4. Heilung der Ehefrau

Der Ehemann ist verpflichtet - und eventuell geht diese Verpflichtung auch auf die Erben über -, im Krankheitsfall für die Heilung der Frau zu sorgen.
Besonders getadelt wird es (Sifre Deut. 21, 14), wenn der Ehemann bei Krankheit der Ehefrau von seinem ihm nach altem Recht zustehenden einseitigen Scheidungsrecht (auch gegen den Willen der Frau) Gebrauch machen will.

5. Auslösung der Ehefrau aus der Gefangenschaft (Pidjon schewujot)

Die Gefangennahme von Frauen war in den ersten Jahrhunderten, nachdem die J. ihre Selbständigkeit verloren hatten, eine häufige Erscheinung.  Die Auslösung der Ehefrau, falls sie in Gefangenschaft gerät, wird daher besonders in der Mischna festgesetzt (Ket. 4, 9).  Auch die dem Priestergeschlecht angehörenden Ehemänner (Kohanim) sind verpflichtet, ihre Ehefrau aus der Gefangenschaft zu befreien, obwohl sie nachher die Ehe mit ihr nicht weiterführen dürfen (s.  Priesterehe).

Die sonst statuierte Einschränkung, dass man keinen Gefangenen mit einem grösseren Lösegeld befreien darf, als dem Preis eines Sklaven entsprechen würde - um die Räuber nicht zu weiteren Taten anzuspornen (b.  Gitt. 45a) -, fällt zugunsten der Ehefrau weg, und es wird dem Ehemann nach mancher Ansicht sogar freigestellt, sein ganzes Vermögen herzugeben (E. H. 78, 2).  Sind die Ehegatten gleichzeitig in Gefangenschaft geraten, so soll die Behörde von seinem Vermögen, sogar gegen seinen Willen, zuerst die Ehefrau auslösen (b. Hor. 13a; J. D. 252, 10).

6. Pflicht zur Bestattung der Ehefrau

Der Ehemann ist ferner verpflichtet, für eine angemessene Beerdigung seiner Ehefrau Sorge zu tragen.  Die Art derselben richtet sich nach den Gebräuchen des Ortes (Ket. 4, 4).

Als besondere Pflicht der Ehefrau wird schon in den bibl.  Schriften deren häusliche Lebensführung bezeichnet (Spr. 31, 13ff.). Dagegen wird die streitsüchtige und eifersüchtige Frau getadelt (Sir. 25, 21ff.; 26, lff.).
Die Frau ist laut bibl. Vorschrift (Num. 30, 7) verpflichtet, für die von ihr ohne Einwilligung des Ehemannes getanen Gelübde (s.  Neder) eine Auflösung durch ihren Ehemann anzuerkennen.

Im Talmud wird sodann die Ehefrau zur Führung des Haushalts und zur Mithilfe in der Erwerbstätigkeit verpflichtet.  Sie kann jedoch durch Verzicht auf ihren Lebensunterhalt sich von dieser Arbeitspflicht befreien.

Sie hat ihren Verdienst ihrem Manne abzugeben, ihre Funde gehören ihm, wie er auch Anspruch auf die Nutzniessung an ihrem gesamten Vermögen während des Bestehens der Ehe und auf ihren Nachlass nach ihrem Tode hat (s.  Erbrecht).
Diese weitgehenden wirtschaftlichen Rechte des Ehemannes werden im Talmud (b.  Ket. 47b) als Ausgleich für die vom Ehemann übernommenen Pflichten betrachtet:

1. Der Anspruch auf ihren Erwerb als Ausgleich für seine Unterhaltspflicht.

2. Der Anspruch auf die Nutzniessung an ihren Gütern als Ausgleich für die Pflicht zur Auslösung aus der Gefangenschaft.

3. Der Anspruch auf ihren Nachlass als Ausgleich für die Pflicht zur Bestattung.
Zu den Pflichten der Ehefrau gehört ferner, dass sie dem Manne stets an seinen Wohnsitz folgen muss.  Sie kann sich jedoch weigern, in die Grossstadt zu ziehen, wenn sie das gesündere Wohnen auf dem Lande vorzieht.  Palästina geniesst den Vorzug vor anderen Ländern und Jerusalem vor anderen Städten des Landes; die Ehefrau kann daher stets vom Manne - und er natürlich auch von ihr - die Übersiedlung nach Palästina und dort nach Jerusalem erzwingen (b. Ket. 1 10b ff.).

Über diese rechtlichen Beziehungen der Ehegatten zueinander hinaus wird im j. Schrifttum auf ein inniges moralisches gegenseitigem Verhalten der Ehegatten das Hauptgewicht gelegt.  Schon der Prophet warnt vor jeder Kränkung und Beleidigung der Ehefrau; Gott selbst erscheint als Zeuge, falls sie lieblos behandelt wird (Mal. 2, 14). - Die Frau wird ermahnt, jedes Aufsehen erregende Verhalten zu vermeiden und über den Mann nicht herrschen zu wollen. Gemeinsam lieg t den Ehegatten die Pflicht ob, sich gegenseitig zu lieben und zu ehren (Spr. 5, 18ff.), die beiderseitigen Eltern zu verehren und die Gebote der j. Lehre zu beobachten (Pirke R. Elieser Kap. 13).

7. Eheliches Güterrecht

Es ist in allen Rechten stets ein schwieriges Problem, zwischen den Interessen der ehelichen Gemeinschaft, welche im Sinne eines innigen Familienlebens auch eine Gemeinschaft der Güter fordert, und den Interessen der Ehefrau, deren völlige Abhängigkeit vom Manne unerwünscht ist, die richtige Mitte zu treffen.  Im j. Recht wird das Problem in der Weise gelöst, dass der Mann für die Dauer der Ehe hinsichtlich des Frauenguts als Verwalter und Nutzniesser eingesetzt wird, und dass von ihm bestimmte Verantwortlichkeiten und Pflichten hinsichtlich der güterrechtlichen Auseinandersetzung im Falle der Auflösung der Ehe schon im Zeitpunkt der Eheschliessung übernommen werden.

Unter Frauengut wird nun im j. Recht dasjenige Gut der Ehefrau verstanden, welches - sei es bewegliches oder unbewegliches Gut - als Mitgift in die Ehe eingebracht worden ist, oder das sie während der Ehe durch Erbschaft oder Schenkung erworben hat.

Die Mitgift (nedunja) ist vermutlich aus dem Mohar dem ursprünglichen "Kaufpreis", der für die Braut bezahlt wurde (vgl. Ziff. 5, Eheschliessung), sowie aus den Geschenken, die der Bräutigam bei Eingehung der Ehe der Braut machte, hervorgegangen.  So wird von Michaelis u. a. der Ausdruck "Morgengabe" für diese der Braut verschriebenen Summen von (Morgen) abgeleitet.  In der Mischna (Kidd. 2, 6 u. B. B. 9, 5) werden diese Geschenke (siwlonot) genannt.
Weiterhin kam aber schon früh die Sitte auf, dass die Eltern selbst der Braut freiwillige Geschenke übergaben, wofür sich schon in der Bibel (Gen. 29, 24 u. Ri. 1, 15) Belege finden.

Dieses Frauengut blieb nun zunächst Privateigentum der Ehefrau und bildet dann offenbar die Grundlage der späteren Ketubba, des eigentlichen Ehevertrages, welcher die Aufgabe hatte, der Ehefrau für den Fall der Auflösung der Ehe die Rückgabe ihres Frauengutes und weitere Zuschüsse von seiten ihres Mannes zuzusichern.

In diesem güterrechtlichen Ehevertrag, den die Ehegatten bei Eingehung der Ehe abschliessen, wird der Ehefrau als Zahlung von seiten des Mannes ein Betrag von 200 Sus (für Witwen 100 Sus) zugesichert.  Diese Summen waren jedoch offenbar Minimalbeträge und konnten beliebig erhöht werden (sog.  Zusatz-Ketubba).

Im einzelnen wird nun das Frauengut je nach den Rechten und Pflichten, die der Ehemann hinsichtlich dieser Güter hat, eingeteilt, und zwar in:

1. Nichsse zon barsel  ("Eisernes Schaf").
Der Ausdruck, der mit dem deutschrechtlichen "Eisenvieh-Vertrag" Ähnlichkeit hat, weist in eine Zeit zurück, da noch die Viehzucht den Haupterwerbszweig bildete. Das "Schaf" mit seinem periodischen Wolleertrag soll das Nutzniessungsrecht des Ehemannes, das "Eisen" die Sicherheit und Unwandelbarkeit des Gutes zum Ausdruck bringen.  Es ist dies der Teil des Frauenguts, der in der Ketubba der Ehefrau vorgemerkt wird und der darum als sicheres Kapital der Ehefrau gilt.  Dieses Frauengut geht in das Eigentum des Mannes über, so dass er die Verwaltung dieser Güter hat und für sie verantwortlich ist.  Er haftet persönlich für ihre Rückgabe im Falle der Auflösung der Ehe, und seine sämtlichen Güter sind für diesen Fall zugunsten der Ehefrau mit einer Generalhypothek belastet.  Aus dem gleichen Grunde steht dem Ehemann auch nicht das Recht zu, diese Güter zu verkaufen oder zu verpfänden (b.  B. B. 50a).  Die Ehegatten können vielmehr nur gemeinsam über sie verfügen. In nachtalmudischer Zeit wurde diese Bestimmung etwas gemildert (Maimonides, Hilchot Mechira 30,5)

2. Nichsse melug (melug sind Pflückgüter, auch Paraphernal-Güter genannt).
An diesen Gütern, die im Ehevertrag nicht verzeichnet sind und für die der Ehemann auch nicht haftbar ist, steht ihm nur ein Nutzniessungsrecht zu, während der Ehefrau das Verfügungsrecht darüber verbleibt.  Es sind somit Güter, die "gepflückt" werden, indem der Ehemann nur die Früchte geniesst und der Grundstock der Ehefrau verbleibt.  Auch der Ehefrau fehlt aber, da ihr das Nutzniessungsrecht nicht zusteht, die Möglichkeit, diese Güter allein zu verkaufen (Verordnung von Uscha, b. Ket. 50a).

3. Privatgüter der Ehefrau (nechassim sche-en lebaal reschut bahem) Güter, an denen dem Ehemann kein Recht zusteht.  Dies ist das Gut, das der Ehemann oder ein Dritter der Ehefrau mit der Massgabe geschenkt hat, dass der Ehemann keinerlei Rechte an dem Gute erwerben soll.  Dieses Gut verbleibt dann der Ehefrau zur ausschliesslichen Verwaltung und Nutzniessung wie das modernrechtliche Sondergut der Ehefrau.  Bisweilen verschenkt auch die Ehefrau, um dem Ehemann die Nutzniessung zu entziehen, vor der Eheschliessung ihre Güter an einen Dritten (s. Scheingeschäft).

Die Unterscheidung der beiden Güterkategorien ist vor allem bei der Beurteilung der Eigentumsfrage von Bedeutung; z. B. wird in der Mischna erwähnt, dass in einer verbotenen Priesterehe ein Sklave, der zum Zon-Barsel-Gut gehört, Teruma (Hebe) geniessen darf; gehört er jedoch zum Melug-Gut, so ist ihm dies untersagt (Jew. 7, 1).

Im allgemeinen zeigt sich im Talmud die Tendenz, die eingebrachten Güter der Ehefrau im Interesse des friedlichen Bestandes der Ehe zu vereinigen, jedoch, durch den Vorbehalt des Eigentumsrechts für die Melug-Güter und die Haftung des Mannes für die Zon-Barsel-Güter, die Ehefrau vor Missgriffen des Ehemannes zu sichern.  Bei der Zuweisung des Nutzniessungsrechts am gesamten eingebrachten Gut an den Ehemann liess sich das j. Recht von dem Gedanken leiten, durch diese einheitliche Nutzniessung die Interessen der Ehefrau am besten zu schützen.  Diesen Rechten und Einkünften des Ehemannes aus dem Frauenvermögen stehen dann auf der andern Seite dessen oben im einzelnen aufgeführten Pflichten gegenüber, wie die Leistung der Unterhaltsbeiträge an die Ehefrau resp. die Übernahme der Kosten der Haushaltung, die Verpflichtung der Auslösung aus der Gefangenschaft usw.

Bei Auflösung der Ehe durch Ableben des Ehemannes oder im Falle einer Ehescheidung hat die Ehefrau Anspruch auf Rückerstattung der Mitgift. Die Melug-Güter werden ihr in dem Zustand zurückgegeben, in dem sie sich im Zeitpunkt der Auflösung der Ehe befinden, während sie bezüglich der Zon-Barsel-Güter Rückerstattung in dem Zustande verlangen kann, den diese Güter bei Eingehung der Ehe hatten; dies hat aber andererseits zur Folge, dass eine inzwischen erfolgte Vermehrung der Zon-Barsel-Güter dem Manne verbleibt.  Sollte es jedoch infolge Verschuldens der Ehefrau zur Scheidung kommen, so geht sie dieser Ansprüche verlustig und kann nur noch das zurückverlangen, was von ihren eingebrachten Gütern tatsächlich vorhanden ist (E.  H. 115, 5).

Beim Ableben der Ehefrau ging das eingebrachte Gut derselben vermutlich zunächst an ihre Söhne oder an ihre weiteren Verwandten über.  Dieses Erbrecht scheint sich auch in der "Ketubba benin dichrin" erhalten zu haben (Ket. 4, 10). In spättalmudischer Zeit wurde jedoch dem Ehemanne ein Erbrecht an der Mitgift zugesichert, so dass die weiteren Rechte der Verwandten der Ehefrau erst nach dem eingetretenen Tode des Ehemannes zur Geltung kommen konnten.  Durch spätere Anordnungen wurde dann dieses Erbrecht des Ehemannes im Falle der Kinderlosigkeit eingeschränkt, und es wurde z. B. festgesetzt, dass beim Tode der Ehefrau während des ersten Jahres der Ehe die Mitgift an die Eltern der Frau zurückgeht; im zweiten Jahre der Ehe soll die Mitgift zwischen den Eltern und dem überlebenden Manne geteilt werden.

Das j. eheliche Güterrecht weist somit eine Verbindung des deutschrechtlichen Gemeinschaftssystems mit dem römischrechtlichen Trennungssystem auf.  Dem Ehemanne steht die unbedingte Nutzniessung und Verwaltung des Frauengutes zu.  Beim Ableben der Ehefrau erbt er das Frauengut ganz oder teilweise; bei seinem Ableben oder im Falle der Scheidung fällt das Frauengut an die Ehefrau zurück.  Bei Eingehung der Ehe hatte die Frau die Möglichkeit, durch Bestimmung der Güter in der Ketubba als Zon-Barsel- oder als Melug-Güter und die diesbezügliche Vormerkung in der Ketubba eine stärkere oder geringere Verantwortlichkeit und Haftung des Ehemannes vorzusehen.

8. Ehebruch (niuf)

Der Gedanke der Antrauung (Kidduschin) der Frau, der der j. Ehe zugrundeliegt, kommt vor allem im Verbot des E. und in dessen Sühne zum Ausdruck.  Wie in den meisten antiken Rechten wird ausschliesslich der E. auf seiten der Ehefrau verurteilt und bestraft, nicht aber der auf seiten des Mannes; denn der E. ist begrifflich im j. Recht nur mit einer verheirateten Frau oder mit einer Jungfrau nach ihrer Antrauung (erussin) möglich, während dem verheirateten Manne der Verkehr mit einer andern unverheirateten Frau nicht untersagt ist, da die Mehrehe zugelassen ist.

Der E. wird bereits unter den noachidischen Gesetzen aufgezählt und wird in der Bibel schon aus der Zeit vor der sinaitischen Gesetzgebung berichtet (vgl.  Gen. 12, 12ff.; 20, 2ff.; 26, 7ff.; Josef weist die Frau des Potifar mit den Worten zurück: "Wie könnte ich diese grosse Sünde begehen und mich verfehlen gegen Gott", Gen. 39, 9).  Das Verbot des E. findet sich sodann als 7. Norm des Zehngebots: "du sollst nicht ehebrechen" (Ex. 20, 13; Deut. 5, 17) und folgt auch aus der 10. Norm, "du sollst nicht gelüsten nach dem Weibe deines Nächsten".  Ausdrücklich wird der E. nochmals in Lev. 18, 20; 20, 10 verboten.
Der E. wird nach j. Lehre - in Übereinstimmung mit fast allen antiken, jedoch im Gegensatz zu den meisten modernen Rechten - nicht als Privatdelikt aufgefasst, sondern als ein Verbrechen, das die Allgemeinheit angeht, an die die Aufforderung gerichtet wird, solches Verbrechen zu ahnden und das Böse aus Israel fortzuschaffen (Deut. 22, 22).  Der E. zählt daher auch (neben Mord und Götzendienst) als eine der am meisten verurteilten Formen der Unsittlichkeit (gilluj arajot) zu den drei Todsünden, die auch im schwersten Notstande und zur Rettung des eigenen Lebens nicht begangen werden dürfen (b.  Sanh. 74a).  Die Ehebrecherin vergeht sich in dreifacher Beziehung: 1. gegen Gott, der den E. untersagt hat; 2. gegen ihren Gatten, dem allein sie angetraut ist; 3. gegen ihre Familie, indem sie die Reinheit des Familienlebens stört.  Der E. wird als Zeichen tiefer Verderbnis aufgefasst (Spr. 2, 16ff.; 5, 7ff.; 6, 32ff.; Jer. 7, 9; 23, 10; Hos. 4, 2; Mal. 3, 5), und die Propheten treten mit besonderer Schärfe gegen ihn auf.  In späterer Zeit wendet sich vor allem der Spruchdichter Sirach gegen den unzüchtigen Verkehr der Geschlechter seiner Zeit (Sir. 9, 9; 26, 13ff.) Im Talmud wird entschieden vor jeder leichtfertigen Rede mit einem Weibe gewarnt, weil dies schliesslich zu einem E. führen kann (P.  A. 1, 5; vgl. b. Eruw. 53b; b. Ned. 2Oa; vgl. auch Mat. 5, 28f.).

Das im E. erzeugte Kind gilt als Bastard (Mamser); ihm fehlt das Anrecht auf Aufnahme in die j. Volksgemeinschaft, d. h. es steht ihm die Ehefähigkeit nicht zu (Deut. 23, 3).  Das Delikt des E. wird um dieser Folgen willen als bes. schwer bezeichnet, weil es nicht wieder gutgemacht werden kann (vgl. Chag. 1, 7; b. Jew. 22b), auch insofern nicht, als dem Ehemann das weitere Zusammenleben mit der des E. überführten Ehefrau verboten ist.  Die Verzeihung von seiten des Ehemannes hebt dieses Verbot ebensowenig auf, wie sie Straffreiheit für die Ehefrau bewirkt (b. Sota 25a), da das Verbrechen des E. nach der j. Auffassung eben nicht in der Verletzung eines konkreten Rechts des Ehemanns liegt, sondern in der Beeinträchtigung der Sittlichkeit. Wird der E. jedoch durch Vergewaltigung der Ehefrau begangen wobei nach Ansicht des Talmud ein auch nur anfänglich auf die Ehefrau ausgeübter Zwang genügt, um den Vorsatz für das ganze Delikt auszuschalten (b.  Ket. 5 lb) - oder hat die Ehefrau fahrlässig, nicht aber vorsätzlich gehandelt, so liegt kein E. vor (E.  H. 178).

Die Strafe für E. kann nur dann zur Anwendung kommen, wenn die Ehebrecherin (no-efet) und der Ehebrecher (no-ef) auf frischer Tat ertappt werden und dies durch zwei Zeugen festgestellt wird.  Hingegen ist der Ehemann berechtigt, sich scheiden und die Frau ihrer güterrechtlichen Ansprüche gemäss ihrer Ketubba verlustig erklären zu lassen (Sota 4, 2; E. H. 115), wenn nur ein begründeter Verdacht des E. vorliegt.  In vorsinaitischer Zeit mag schon bei blossem Unzuchtsverdacht die Anwendung der Todesstrafe üblich gewesen sein (Gen. 38, 24).  Eine Heirat zwischen einer wegen E. geschiedenen Frau mit dem Ehebrecher ist unstatthaft (Sota 5, 1); dem j. Recht ist auch der in modernen Rechten hierfür vorgesehene Dispens fremd.  Zur eig.  Verurteilung wegen E. dürfte es nur selten gekommen sein, da es zumeist wohl an den unerlässlichen Zeugen fehlte.  Der E. wird an beiden beteiligten Ehebrechern mit dem Tode (Lev. 20, 10 und Deut. 22, 22), und zwar im allgemeinen mit Erdrosselung (Sanh. 10, 1) bestraft; der E. der Verlobten (d.h. angetrauten Jungfrau, na-ara betula me-orassa) wird mit der strengeren Strafart, der Steinigung, gesühnt, weil die Verlobte noch nicht unter der Obhut ihres künftigen Ehemannes steht und daher eines besonderen Schutzes bedarf, der in dieser verschärften Strafandrohung zum Ausdruck kommt (Deut. 22, 24; Sanh. 7, 4).  Für die der Hurerei überführte Priestertochter ist die Verbrennung vorgesehen (Lev. 21, 9; vgl. auch Gen. 37, 24).

Über die tatsächliche Anwendung dieser Todesstrafe und ihre wirkliche Vollstreckung ist wenig bekannt.  R. Elieser b. Zadok berichtet (b. Sanh. 52b), dass er als Kind gesehen habe, wie man eine unzüchtige Priestertochter mit Reisigbündeln verbrannte (s. auch das apokryphische Buch Susanna V. 45).  Sirach spricht hingegen nicht von einer Hinrichtung der Ehefrau, wie sie in der Mischna (Sanh. 7, 3) vorgeschrieben ist, so dass Büchler wohl mit Recht vermutet, dass es sich hier nicht um eine Ehebrecherin handelt, die des Deliktes überführt ist, sondern nur um eine durch den Gatten des E. verdächtigte Ehefrau; doch kann aus anderen Sirach-Stellen entnommen werden, dass auch zu seiner Zeit der erwiesene E. mit der Todesstrafe geahndet wurde.  Fehlte es jedoch an den Zeugen für die Verwarnung (Hatra-a) oder für den Tatbestand des Deliktes, so konnte auch die Verurteilung und die Vollstreckung der Todesstrafe nicht erfolgen.

Das j. Recht kannte noch ein bes., in Num. 5, 12ff. im einzelnen geschildertes Ermittlungsverfahren, das dann eingeleitet wurde, wenn der Ehemann seine Ehefrau des E. verdächtigte. Die des E. verdächtigte Ehefrau wird sota d. h. die vom geraden Weg Abweichende) genannt.  Dieser Verdächtigung musste jedoch nach talmudischer Auffassung (Sota 1, lf.) eine Verwarnung von seiten des Ehemannes vorangehen, der seiner Ehefrau vor Zeugen die Pflege von Beziehungen zu dem von ihm verdächtigten Manne zuvor untersagen musste.  Hat sie dann nach Aussage von Zeugen trotz dieses Verbotes zu diesem gleichwohl weiter Beziehungen unterhalten, ohne dass sie freilich eines E. überführt werden kann, so hat, falls die Ehefrau kein Geständnis ablegt, ein Ermittlungsverfahren einzutreten.  Die hierbei geübte Zeremonie gegenüber der Sota ist die einzige j.-rechtliche Institution, der die Idee der direkten Anrufung Gottes zugrundeliegt; freilich nicht im Sinn der bei den alten Völkern üblichen Gottesurteile (Ordalien), die bei ungünstigem Ausgang der Befragung mittels der Ordalie die Vollstreckung der Strafe zur Folge hatte.  Bei dieser Behandlung der Sota knüpft sich an die Zeremonie überhaupt kein Verfahren, das Eiferwasser hatte vielmehr direkt die gewünschte Wirkung hervorgebracht.

Diesem Verfahren liegt wohl in starkem Masse eine Abschreckungstendenz zugrunde.  Die öffentliche Schmach, die eine Ehefrau erleiden musste, die durch ihren leichtsinnigen Lebenswandel den Verdacht ihres Ehemannes veranlasst hatte, die vom Priester ihr vorgetragene, Angst erregende Verwünschungsformel, die sie mit ihrem "Amen" bekräftigen musste, und das Auslöschen des Gottesnamens selbst mit dem Eiferwasser sollte die Heiligkeit der Ehe und die Schwere des E. dem ganzen Volke dartun und allen Frauen eine Mahnung sein. "Alle Frauen sollen verwarnt werden und keine Unzucht treiben" (Ez. 23, 48).  Diese Anwendung der Eiferwasser zur Aufklärung des Tatbestandes wurde von R. Joachanan ben Sakkaj aufgehoben (Sota 9, 9).

Besonders normiert ist in Deut. 22, 13ff. der E. der Verlobten, der ihr nach Eingehung der Ehe zum Vorwurf gemacht wird.  Sie wurde, falls die Anschuldigung des Ehemannes nicht von ihr oder ihren Angehörigen entkräftet wurde, gesteinigt. Stellte sich die Behauptung jedoch als Verleumdung heraus, so wurde der leichtfertige Ankläger mit Geldbusse und Geisselstrafe belegt und ihm überdies für dauernd das Scheidungsrecht entzogen.

9. Ehescheidung

Das j. Recht, welches in der Ehe eine geweihte Institution erblickt, kennt eine Auflösung der Ehe durch behördlichen Entscheid nicht.  Die Ehe kann vielmehr nur durch den Tod eines der Ehegatten oder durch die Scheidung von seiten des Ehemannes aufgelöst werden.  Der Tod eines der Ehegatten muss einwandfrei festgestellt werden, um der Ehefrau die Wiederverheiratung zu ermöglichen (s. Aguna). Eine Erklärung der Verschollenheit kennt das j. Recht nicht.

Der Scheidungsakt wird in der Bibel wie folgt umschrieben: "Er schreibt ihr einen Scheidebrief (sefer keritut), gibt ihn in ihre Hand und entlässt sie aus seinem Haus." Anschliessend daran folgt die Festsetzung des Verbotes der Wiederverheiratung mit der eigenen geschiedenen Frau, falls sie sich inzwischen wieder verheiratet hatte und aufs neue geschieden oder verwitwet ist (Deut. 24, l  ff.). Dieses Gesetz, das Jer. 3, 1 allegorisch für die Rückkehr Israels zu Gott anwendet, wird damit begründet, dass die Frau durch die Ehe mit dem zweiten Mann für den ersten unrein geworden ist.

Auch nach dem heute geltenden j. Recht kann eine Ehescheidung nicht durch einen behördlichen Akt oder ein richterliches Urteil erfolgen; die Behörde kann nur unter gewissen Voraussetzungen auf den Mann einwirken und ihn zur Vornahme der Scheidung von der Ehefrau veranlassen oder zwingen (E.  H. 154).

Der Scheidungsakt besteht vielmehr in einer Willenserklärung des Ehemannes, die urkundlich in einem Scheidebrief (Get) unter Einhaltung bestimmter Formen niedergelegt sein muss, und in der Übergabe dieses Scheidebriefes an die Ehefrau.  Der Ehefrau steht ein Recht auf Scheidung ursprünglich nicht zu; es bedurfte zur Scheidung durch den Ehemann nicht einmal ihrer Zustimmung; erst durch die Verordnung der Rabbinerversammlung in Worms wurde auf Veranlassung von R. Gerschom die Einwilligung der Ehefrau zur Scheidung verlangt.

Es finden sich auch im j. Schrifttum manche Bemerkungen, welche die Scheidung, d. h. die willkürliche Auflösung der Ehe durch die Ehegatten, vom moralischen Standpunkt aus gänzlich ablehnen.  So wird bei der Erörterung der zulässigen Scheidungsgründe im Talmud bemerkt: "Wer sich von seiner Jugendgefährtin scheidet, über den vergiesst selbst der Altar Tränen" und "Wer von seiner Frau sich scheidet, ist verhasst vor Gott" (b.  Gitt. 90a und b).  Diese moralischen Erwägungen mögen ein Zeichen jener Strömungen innerhalb des j. Volkes sein, welche dann in den Evangelien zur Proklamierung der völligen Unauflösbarkeit der Ehe geführt haben.

Im allgemeinen steht jedoch das j. Recht entschieden auf dem Standpunkt der Zulassung der Scheidung.  Da die Ehe eine sittliche Basis haben soll, wäre es sinnlos, die Weiterführung einer Ehe zu erzwingen, wenn ein harmonisches Zusammenleben der Ehegatten nicht mehr möglich ist; andererseits muss das Recht gerade im Hinblick auf den sittlichen Zweck Wert darauf legen, dass die Ehe nicht leichtfertig und grundlos geschieden wird, und dass die Ehefrau im Fall der Scheidung nicht schutzlos ist.  In dieser Hinsicht wurde im Laufe der Rechtsentwicklung zugunsten der Ehefrau normiert, dass ihr im Scheidungsfall die in der Ketubba anlässlich der Eheschliessung zugesagten Beträge vom Ehemann ausbezahlt werden; ferner wurden zu ihren Gunsten auch gewisse Scheidungsgründe festgesetzt, die sie berechtigen, von sich aus, allerdings nur durch Vermittlung der Behörde, den Ehemann zur Scheidung zu zwingen.  Auch die Begrenzung der Scheidungsgründe für den Ehemann und schliesslich das Erfordernis der Zustimmung der Ehefrau zur Ehescheidung sind zum Schutze der Ehefrau und zur Stärkung des Sittlichkeitsprinzips der Ehe vorgesehen worden.
Aus den angedeuteten Gedankengängen ergibt sich, dass, falls die Ehegatten die Ehescheidung übereinstimmend verlangen, diese ohne weiteres zugelassen wird.  Irgendeine Überprüfung einer behaupteten ehelichen Zerrüttung oder anderer angegebener Gründe von seiten der Behörden ist nicht vorgesehen.
Gleichsam von Amts wegen tritt die Ehescheidung ein im Falle des Ehebruchs der Ehefrau oder des begründeten Verdachtes ihres ehebrecherischen Verhaltens, des Eingehens einer durch mosaische Gesetze verbotenen Ehe, der Erkrankung eines der Ehegatten am Aussatz sowie dann, wenn die Ehe nach 10jähriger Dauer kinderlos geblieben ist (b.  Jew. 64a).

Wird die Ehescheidung nur von einem Ehegatten begehrt, so erscheint dieser einseitige Wille als genügend motiviert, wenn einer der im Talmud genau festgesetzten Scheidungsgründe vorliegt, die den einen Ehegatten berechtigen, die Scheidung vom andern Ehegatten zu fordern und diesen verpflichten, die Einwilligung zu erteilen.

Über diese Scheidungsgründe im einzelnen wird im Talmud viel diskutiert.  Während Schammaj überhaupt nur in einem ehewidrigen Verhalten der Ehefrau einen Scheidungsgrund erblickt, hält Hillel die Scheidung für ein freies, unbegrenztes Recht des Ehemannes, der hiervon selbst bei unbedeutenden Vorkommnissen häuslichen Unfriedens Gebrauch machen kann.
Als Scheidungsgründe des Ehemannes werden vor allem zugelassen: Verdacht des Ehebruchs oder Verletzung des sittlichen Anstandes von seiten der Ehefrau; Verweigerung des ehelichen Verkehrs durch die Ehefrau und der Übersiedlung nach dem Wohnort des Mannes; Übertretung von religionsgesetzlichen Bestimmungen bei der Führung des Haushaltes durch die Ehefrau usw.
Von den Gründen, mit welchen die Ehefrau die Scheidung begehren kann, seien genannt: Ergreifung eines entehrenden Berufes durch den Mann; Misshandlung der Frau; Nichtzahlung der Unterhaltsbeiträge.

Um die Durchführung einer Scheidung den Ehegatten, die beide mit der Auflösung der Ehe einverstanden sind, nicht zu sehr zu erleichtern, wurde bei der Verurkundung und bei der feierlichen vor einem Bet din erfolgenden Übergabe des Scheidebriefes, dessen Text genauer Vorschrift entsprechen muss, eine Fülle von subtilen Formalitäten angeordnet, deren mangelnde strenge Einhaltung die Ungültigkeit der vollzogenen Scheidung bewirkt; über die Einzelheiten s. Get.  Gleichzeitig mit der Scheidung wurde' auch die güterrechtliche Auseinandersetzung vorgenommen.  Der Ehemann muss der Ehefrau den Betrag der Ketubba ausbezahlen und ihr die Mitgift zurückerstatten.  Ist jedoch die Ehefrau der schuldige Teil, so kann sie ihrer Ketubba und Ansprüche verlustig gehen. - Die Bestimmungen betr. die Ketubba stehen daher in engem Konnex mit denen des Scheidungsrechts.

In zwei Fällen hat das j. Recht die Möglichkeit der Ehescheidung ausgeschlossen.  Hat jemand seine Ehefrau beleidigt, indem er erklärte, sie sei nicht als Jungfrau in die Ehe getreten, und erweist sich diese Behauptung als unwahr, so muss der Ehemann als Sühne für diese Verleumdung eine Strafe von 100 Schekel an den Vater der Frau bezahlen, und von ihr selbst kann er sich nie scheiden (Deut. 22, 19).  Das gleiche gilt in dem Fall, wenn jemand eine Jungfrau verführt hat; er muss sie nach Zahlung von 50 Schekel an den Vater heiraten und kann sich nie von ihr scheiden (Deut. 22, 29).